Gemeinhin bekommen Geburtstagskinder an ihrem Jubeltag Geschenke. Bei Max Verstappen könnte sich der Spieß möglicherweise umdrehen, steht laut mehreren Medienberichten doch sogar im Raum, dass der amtierende Weltmeister seinen Titel aus dem Vorjahr verlieren könnte. Nicht etwa, weil die FIA oder Formel-1-Verantwortlichen das finale Rennen der Vorsaison neu bewertet haben. Wie "Blick" und "Auto, Motor und Sport" berichten, habe Red Bull Racing die Budgetobergrenze im Vorjahr überschritten. In der nächsten Woche will die FIA die Ergebnisse der Finanzüberprüfungen 2021 öffentlich machen, dann herrscht wohl Gewissheit darüber.

Klar ist bisher nur: Es gibt ein laufendes Verfahren gegen Red Bull Racing. Dass dieses überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt ist, dürfte wohl der Konkurrenz der Bullen zuzuschreiben sein. Ferrari und Mercedes sprangen in Singapur sofort auf das Thema auf, forderten harte Strafen als Abschreckung. Dabei ist noch nicht einmal geklärt, inwiefern die Budgetobergrenze überzogen wurde. Solche Anschuldigungen und Forderungen gehören aber auch zur Formel 1 wie Boxenstopps, Qualifyings und Siegerehrungen und wären im Gegenzug wohl genauso gefallen.

Laut Red Bull Racing geht es einzig um "unterschiedliche Ansichten in Bezug auf Anstellungsverhältnisse". Helmut Marko erklärte im Gespräch mit Sky, dass vor allem die Betriebszugehörigkeit von Mitarbeitern diskutiert werde: "Es geht um Positionen. Darum, wer wo hingehört, da wir mehrere Firmen haben, wie Red Bull Advanced Technologies oder Red Bull Powertrains. Das muss man ganz klar trennen", meinte Marko. Näher wolle man sich zu laufenden Verhandlungen nicht äußern. Sorgen mache man sich nicht, da es laut Auffassung der Bullen keine Verfehlungen gab.

Was aus den Aussagen von Marko jedoch hervorgeht, ist die Tatsache, dass Red Bull – wie die meisten Teams in der Formel 1 – jede Grauzone ausnützt, die vonseiten der FIA besteht. Und in Sachen Budgetobergrenze scheint diese Grauzone riesig zu sein, da der Weltverband verhindern möchte, dass Teams Schaden mit Nutzen vergleichen können. Sonst würden Budgetverletzungen wohl bewusst begangen werden, weil die Strafe verschmerzbar bliebe. Bei einer Überschreitung von bis zu fünf Millionen Euro spricht man lediglich von einem "kleinen Vergehen". Diese Summe sei aber auf der Rennstrecke bis zu einer halben Sekunde wert, poltern Ferrari und Mercedes. Prinzipiell kann die FIA in dieser Diskussion jetzt nur noch verlieren, da es für die Überschreitung der Budgetobergrenze keinen festgeschriebenen Strafenkatalog gibt.

Somit ist zumindest theoretisch eine kleine Geldstrafe, ein Punktabzug "nur" in der Konstrukteurswertung des Vorjahres, oder eben sogar nachträgliche Punktestrafen in der Fahrerwertung 2021 vorstellbar. Und das könnte letztlich für Max Verstappen einen Verlust des WM-Titels bedeuten – auch wenn das kaum vorstellbar ist. So oder so ist die FIA am Ende der große Bösewicht. Die Strafe kann, je nach Box im Fahrerlager, nur zu hoch oder zu niedrig sein. Insofern war der Verzicht der FIA auf einen klar definierten Strafenkatalog ein Schuss ins Knie.

Das Mitleid mit dem Weltverband ob des selbst verursachten Dilemmas hält sich deshalb in Grenzen.