Macht sich die Formel 1 eigentlich nur noch lächerlich? Wenn ich Ihnen vielleicht ein paar Stichworte hinwerfen darf...
NIKI LAUDA (unterbricht): Dazu muss man das Prinzip der Formel 1 kennen. Die Formel 1 ist seit Jahrzehnten von egozentrischen Selbstdarstellern getrieben. Und diese Selbstdarsteller werden täglich mehr, das ist wie ein Krebs.

Weil Ihnen die Formel 1 die Plattform bietet.
LAUDA: Und weil ihnen die Medien die Plattform geben. Von jedem Furz, der in der Formel 1 gelassen wird, wird berichtet. Man braucht ja nur dieses Teamchef-Meeting vom Freitag herzunehmen.

...wo es aber immerhin um die Zukunft der Formel 1 gegangen ist.
LAUDA: Und deshalb wartet eine Traube von weit über 100 Journalisten, um dann genau gar nichts zu erfahren. Auf der anderen Seite sind wieder die Teams zu blöd, anständig zu informieren. Wie das heute so üblich ist, von Barack Obama abwärts gibt jeder anständige Erklärungen ab. Aber auch das ist die Formel 1. Einfach nur peinlich. Die Formel 1 ist ein Sumpf.

Es hat den Anschein, als ob hier um des Kaisers Bart gestritten wird?
LAUDA: So ähnlich. Man ist so weit, dass keiner sein Gesicht verlieren will und darf, darum dreht sich jetzt alles. Dabei ist das, was Max Mosley (Präsident des Automobil-Weltverbandes FIA, Anm.) verlangt, völlig logisch.

Sie meinen die angedachte Budget-Obergrenze?
LAUDA: Mosley muss zuerst einmal so viel wie möglich verlangen, sonst bekommt er am Ende gar nichts. Deshalb legt er einfach eine Summe X auf den Tisch.

Dann ist es ja überhaupt nur ein Schattenboxen?
LAUDA: Es geht wie immer in solchen Situationen darum, einen gesichtswahrenden, ja, das ist ein guter Begriff, einen gesichtswahrenden Kompromiss zu finden. Und man wird ihn finden.

Aber es muss radikal gespart werden, daran führt wohl kein Weg vorbei?
LAUDA: Natürlich muss gespart werden. Die Frage ist nur das Wie? Es muss einen Stufenplan geben, wie ihn Red Bull und der Didi Mateschitz (Red-Bull-Chef, Anm.) vorschlagen. Hier wurden ja gigantische Infrastrukturen aufgebaut, die kann man nicht über Nacht ausradieren. Man braucht ein Übergangsjahr, dann wird man seine Ziele im Jahr darauf zu 99 Prozent erreichen.

Wie ernst nehmen Sie die Drohung von Ferrari, aus der Formel 1 auszusteigen?
LAUDA (fuchtelt durch die Luft): Ein Schwachsinn. Ferrari fährt natürlich weiter. Das sind die typischen Spielchen. Wie gesagt, Selbstdarsteller, eine Seifenoper.

...und für die Zuschauer völlig undurchschaubar. Wie auch das Hickhack um eine Unterboden-Konstruktion.
LAUDA: Nein, nein. Das kann man nicht vergleichen. Die Diffusor-Geschichte, die gefällt mir. Weil Ross Brawn (Besitzer und Teamchef des WM-Spitzenreiters BrawnGrandPrix, Anm.) im genau richtigen Moment die genau richtige Lücke gefunden hat.

Also keines jener, wie man bei uns gerne sagt, Häf'nstückerln, für die Ross Brawn ja bekannt ist?
LAUDA: In diesem Fall nicht. Wenn man mehr riskiert als alle anderen, steht man allerdings immer mit einem Bein im Häf'n. Aber das ist nichts Außergewöhnliches, das gehört zu den Grundprinzipien der Formel 1.

Und das ganze Theater rund um die Lügen-Affäre von Lewis Hamilton?
LAUDA: McLarens ehemaliger Teamchef Ron Dennis war nach dem Spionage-Skandal quasi vorbestraft. Er hat keine Gelegenheit ausgelassen, sich mit der FIA anzulegen. Und weil die FIA so etwas wie die Polizei ist, musste sie im Fall Hamilton reagieren. Das war klar und passt auch.

Kommen wir noch einmal zum Sparen zurück. Ist es nicht ein Anachronismus, dass man sich ausgerechnet in Monaco und auf der Luxus-Jacht eines Teamchefs trifft, um übers Sparen zu beraten?
LAUDA: Grundsätzlich haben sie völlig recht. Aber man darf nie aus den Augen lassen, dass wir hier einerseits zwar vom Sparen reden, es auf der anderen Seite aber noch immer um Jahresbudgets von summa summarum 100 Millionen Euro geht. Die angepeilten 45 Millionen betreffen nur das Auto. Wenn Red Bull dennoch für den Vettel 35 Fernsehspots schaltet, hat das damit nichts zu tun. Und an einem wird sich auch nichts ändern: Was immer du der Formel 1 zur Verfügung stellst, das ist weg. Das war immer so und wird immer so bleiben.