Formel-1-Rennen in Monaco müssen seit jeher für alle möglichen Vergleiche herhalten. "Russisches Roulette" ist der banalste. Michael Schumachers Bruder Ralf sagte immer, es sei "völlig unzeitgemäß", hier zu fahren.

TAG Heuer, Uhrenhersteller und offizieller Zeitnehmer der Formel 1, hat in Monaco einen Werbespot gedreht, in dem Tiger Woods mit einem Golfball ein Wettrennen gegen ein Rennauto gewinnt. Und angeblich werden nirgendwo mehr und besser dotierte Sponsorverträge ausgehandelt als auf einer der Jachten am Streckenrand des Monaco-Grand-Prix. "Hier liegt das Geld", sagt Frank Williams, der schon legendäre Teamchef im Rollstuhl.

Monaco und das Formel-1-Rennen sind mit der Rallye Monte Carlo, mit den 500 Meilen von Indianapolis und mit den 24 Stunden von Le Mans so etwas wie der Grand Slam des Automobilrennsports. Nirgendwo sonst steigt der Sieger in die Loge des Staatsoberhauptes. Nicht nur deshalb stuft Michael Schumacher, der heute Rekordsieger Ayrton Senna mit seinen sechs Erfolgen in Monaco einholen könnte, den hiesigen Grand Prix in seinem Stellenwert gleich unmittelbar hinter dem Gewinn der Weltmeisterschaft ein.

Im feudalen "Hotel Hermitage", vis-à-vis des Casinos, wurde mit Mumm-Champagner, jenem edlen Tropfen, der Sonntag wieder bei der Siegerehrung verschüttet wird, darauf angestoßen, dass gestern auf den Tag vor 60 Jahren in Silverstone die erste Formel-1-WM gestartet wurde. Eine Woche später wurde zum ersten Mal in Monaco gefahren.

Wird der Grand Prix in Monaco infrage gestellt?

Das Für und Wider eines Formel-1-Rennens in den engen Straßen einer an und für sich schon viel zu engen Stadt (mit rund 16.700 Einwohnern hat Monaco die höchste Bevölkerungsdichte weltweit) wird zwar jährlich aufs Neue diskutiert. Ernsthaft infrage gestellt wird der Grand Prix von Monaco aber nicht. "Monaco wird immer zeitgemäß sein", sagt etwa Niki Lauda, Mitte der 70er- Jahre selbst zweimal Sieger im Fürstentum. Und für Bernie Ecclestone, der seinen Rennzirkus heuer erstmals nach Korea und nächstes Jahr nach Indien schickt, einen Grand Prix in Moskau im Auge hat und auch zurück in die USA drängt, ist trotz aller Expansionen klar: "Würde man den Formel-1-Kalender auf ein einziges Rennen reduzieren, es wäre Monaco." Was auch die Statistik unterstreicht: In 60 Jahren Formel-1-WM wurde bisher 56-mal in Monaco gefahren - lediglich Monza (59) hat noch mehr WM-Läufe ausgetragen.

Wie gefährlich ist das Rennen in Monaco?

Der vierfache Formel-1-Weltmeister Alain Prost (55) hat immer vor einem "Super-GAU" und davor, dass es in Monaco danach nie wieder einen Grand Prix geben werde, gewarnt. Statistisch gehört Monaco allerdings sogar zu den sichersten Rennstrecken der Welt. In bislang 67 Grand Prix, die Zwischenkriegsjahre mit einberechnet, hat der Stadtkurs erst ein Todesopfer gefordert. 1967 wurden dem Italiener Lorenzo Bandini am Hafenbecken eigentlich zur Absicherung gedachte Strohballen zum Verhängnis, die nach seinem Unfall mit dem Auto Feuer fingen. Bandini verbrannte hilflos. Alberto Ascari raste 1955 mit seinem Ferrari zwar ins Meer, wurde aber von Froschmännern rechtzeitig geborgen. Danach gab es nur noch einen Unfall mit dramatischen Folgen: Der Österreicher Karl Wendlinger verunglückte 1994 an der Ausfahrt des Tunnels schwer, er lag im Hospital von Nizza 19 Tage lang im Koma.

Wie teuer ist das Pflaster Monaco tatsächlich?

Sauteuer! Die Cote d'Azur ist generell ein teures Pflaster, in der Grand-Prix-Woche wird kräftig aufgeschlagen. Auch wer nicht im berühmten "Hotel de Paris" direkt an der Rennstrecke absteigt und dafür bis zu 10.000 Euro pro Nacht und Person hinlegt, am Abend im Restaurant des "Hotel Mirabeau" für 800 Euro speist und danach noch im "Jimmy'z" vorbeischaut, wo das Mineralwässerchen 80 Euro kostet, muss tief in die Tasche greifen. Winzige Zimmer in Drei-Sterne-Hotels entlang der Küstenstraße von Monaco nach Nizza kosten rund 250 Euro pro Nacht. Der Teller Spaghetti steht nirgendwo unter 20 Euro auf der Karte. Lediglich die Formel-1-Tickets sind überall teuer. 500 Euro für die Haupttribüne am Rennsonntag blättert man an jeder Strecke der Welt hin.

Wie lebt der Monegasse mit dem Grand Prix?

Die Einwohner von Monaco (rund 33.000, davon 7500 Monegassen, der Rest aus über 120 verschiedenen Nationen) haben ein zwiespältiges Verhältnis zu "ihrem" Grand Prix. Der Stadtstaat gleicht tagelang einem riesigen Käfig. Meterhohe Zäune grenzen das Leben ein, von einem Häuserblock zum nächsten geht man elendslange Umwege. Parkplätze gibt es so gut wie keine. Die Rennstrecke wird zwar jeden Abend für den Straßenverkehr geöffnet, stundenlange Staus sind aber die Folge. Viele der Menschen, die in Monaco leben, flüchten vor der Formel 1 oft nur ein paar Kilometer ins französische Hinterland. Ihre Appartements in Monaco vermieten sie für teures Geld. Vor allem die Hochhäuser und deren Balkone mit Aussicht auf die Rennstrecke sind bei Autokonzernen und Sponsorfirmen sehr gefragt.

Wie wird aus Monaco eine Formel-1-Strecke?

Monaco muss seine Rennstrecke Jahr für Jahr neu bauen. Jeweils sechs Wochen vor einem Grand Prix wird damit begonnen. 50 Lkw-Trucks schaffen dann alles heran, was man für 3340 Meter Formel 1 so braucht. Zum Beispiel 1100 Tonnen Stahlrohre für Tribünen, 33 Kilo-meter Leitschienen, 16.000 Quadratkilometer Zäune oder 5000 Reifen als Knautschzone. Ein Bautrupp von 200 Mann schraubt nach mehreren Hundert Seiten Anleitung mit über 100.000 Schrauben und Bolzen die Rennstrecke zusammen. Ist am Sonntag die Zielflagge gefallen, geht es um einiges schneller. Innerhalb von "nur" zehn Tagen ist alles wieder abgebaut. Und fein säuberlich nummeriert werden die unzähligen Bauteile in eigens errichteten Lagerhallen in Roquebrune und in La Turbie bis zum nächsten Jahr aufgeschlichtet.