Wieder die blaue Kappe, wieder der gelbe Helm. Die gleichen dunklen Augen. Senna, ein der wahrscheinlich größten Namen aller Zeiten, ist wieder in der Formel 1. Nach den finanziellen Schwierigkeiten bei Ihrem Rennstall (Campos Meta, Anm.) hat es im Winter nicht mehr danach ausgesehen, dass Sie es schaffen?

BRUNO SENNA: Mein Gott, das war wirklich ein langer Winter. Viel länger als sonst. Eine harte Zeit. Ich musste einmal lernen zu begreifen, was da alles passiert, um dann die richtige Lösung zu finden. Es war für mein neues Team fast schon zu spät, überhaupt noch ein Auto auf die Beine zu stellen. Aber es war ein Kampf, ein Kampf um jede Minute. Ich bin jetzt sehr froh, wie schnell aus Campos das Hispania Racing Team wurde. Alle können stolz sein, was da in wenigen Monaten erreicht wurde.

Wie kann man sich die Vorwärtsentwicklung bei so einem neuen Rennstall vorstellen?

SENNA: Es ist ein Lehrjahr, überhaupt keine Frage. Mehr darf man auch nicht erwarten. Wir sind vor dem ersten Grand Prix in Bahrain nicht einen Meter gefahren. Das war vor zwei Monaten. Jetzt haben wir zu arbeiten, um schneller zu werden. Ein Vorteil dabei ist, dass wir mit der Zuverlässigkeit nicht so große Probleme haben. Wir verbessern uns, aber so etwas geht eben nur Schritt für Schritt.

Freitag ist der Österreicher Christian Klien in eurem Auto gesessen. Was kann er für den Rennstall machen, welche Vorteile bringt so etwas? Schließlich nimmt er euch damit ja auch wichtige Testkilometer weg.

SENNA: So kann man das nicht unbedingt sehen. Es ist immer gut, von mehreren Seiten Input zu erhalten. Christian kann mit Sicherheit sagen, ob wir uns in die richtige Richtung bewegen. Dazu hat er die nötige Erfahrung. Freilich fehlt mir jeder Meter, wenn ich oder, wie es diesmal war, mein Teamkollege Karun Chandhok, nicht fahren können. Aber wie gesagt: Der Input von Christian ist schon gut für uns und damit auch für mich.

Zurück zu Ihrer Karriere, die sehr, sehr spät begann, erst mit 18, 19 Jahren, oder?

SENNA: Ich wollte es natürlich ganz anders, das können sie mir glauben. Ich bin schon zu Hause gegen meinen Onkel (Formel-1-Legende Ayrton Senna, Anm.) Kart gefahren. Als er aber 1994, da war ich zehn Jahre alt, in Imola tödlich verunglückt ist, stoppte meine Familie alle meine Ambitionen, verbot mir quasi Autorennen zu fahren, entzog mir jede Unterstützung. 1996 kam auch noch mein Vater bei einem Motorradunfall ums Leben. Da war auch mir selbst der Motorsport für eine längere Zeit überhaupt nicht so wichtig.

Wie ging es dennoch weiter?

SENNA: Ich war so um die 18 Jahre, als ich meiner Mutter sagte, dass ich doch wieder Autorennen fahren wolle. Mit 20 ging ich nach Europa, ließ mein bisheriges Leben und alle meine Freunde in Brasilien zurück. Aber in der kurzen Zeit habe ich doch ein recht hohes Level erreicht, meine Fähigkeiten ausgelotet.

Dabei hat Ihnen auch Gerhard Berger geholfen. Wie wichtig war er für Ihre Karriere?

SENNA: Oh, sehr, sehr wichtig. Er war einer der besten Freunde meines Onkels und einer der größten Förderer meiner Karriere. Er war hauptverantwortlich dafür, dass ich überhaupt in Europa Fuß fassen konnte. Er ist nach wie vor ein guter Freund unserer Familie. Und ich versuche immer wieder, ihn zu treffen. Das wird auch kommende Woche in Monaco so sein. Darauf freue ich mich schon.

Wie hat Ihr Onkel Ihren Weg vorgezeichnet, welche Erinnerungen haben Sie noch heute?

SENNA: Es war eine schöne Zeit, als ich noch klein war. Beim Strandhaus hatten wir so viel Spaß, auch auf der Farm meiner Familie. Ich bin damals oft gegen ihn auf unserem Anwesen mit dem Kart gefahren. Er hat mir schon damals gelehrt, auf was es ankommt, wie man seine eigenen Wettbewerbsfähigkeiten erhöht, wie man ganz fokussiert ein Ziel versucht zu erreichen. In diesen Bereichen war er bekanntlich so richtig gut, und das konnte er mir auch perfekt vermitteln.

Ayrton Senna war ein begeisterter Modellflieger. Er besuchte immer wieder Kärnten, flog damals mit dem Modellflug-Weltmeister Hanno Prettner. Haben Sie auch so ein Hobby?

SENNA: So extrem nicht. Mein Onkel wollte ganz einfach überall perfekt sein. Auch mit seinen Modellflugzeugen. Daran kann ich mich schon noch dunkel erinnern. Aber ich mach' das heute eigentlich nicht.

. . . und was sehen Sie in Ihrer Zukunft?

SENNA: Zuerst einmal möchte ich selbstverständlich so lange wie möglich in der Formel 1 bleiben. Ich möchte mich verbessern, vielleicht einmal auch in einem der Top-Rennställe fahren. Aber wie gesagt: alles Schritt für Schritt. So wie wir es auch jetzt in unserem Team machen.