Natürlich ist es einerseits der greifbar nahe WM-Titel, der Sebastian Vettel an diesem Wochenende in Suzuka beschäftigt - schließlich fehlt ihm selbst bei einem Sieg seines einzigen verbliebenen Rivalen, Jenson Button, nur noch ein Punkt zum zweiten Titelgewinn. Aber die Gedanken des 24-Jährigen gehen hier auch über das rein Sportliche hinaus. Mit dem japanischen Wort "Kizuna" - zu deutsch: Verbundenheit - auf dem Helm will er Mitgefühl und Unterstützung für die Erdbeben- und Tsunami-Opfer vom März ausdrücken.

"Man muss zunächst das verstehen lernen, was passiert ist." Das ist schwer vorzustellen. Daher haben wir das als Zeichen auf dem Helm." Und auch sonst möchte Vettel den Menschen in Japan gerne etwas zurück geben. "Ich glaube die Menschen hier sind sehr begeistert von der Formel 1 und von Motorsport", erklärt der Weltmeister. "Ein bisschen Freude geben zu können und zu dürfen ist für uns eine besondere Verantwortung. Vielleicht können wir den Menschen dann ein kleines Lächeln geben, gerade weil das Jahr bis jetzt kein einfaches war."

Aus sportlicher Sicht steht für Vettel jedoch die Titelverteidigung ganz oben auf der Liste - am liebsten natürlich mit einem erneuten Sieg auf dieser für ihn ganz besonderen Strecke, auf der er in den beiden letzten Jahren schon zweimal gewonnen hat: "Aber wir sollten nicht vermessen sein. Wir wollen an diesem Wochenende das Beste aus uns herausholen. Ich freue mich sehr auf das Rennen und versuche, es zu genießen. Der Rest wird sich dann zeigen."

Gefühl für die Historie

Im Gegensatz zu vielen anderen heutigen Grand-Prix-Piloten hat Vettel ja auch sehr wohl Interesse an der Geschichte des Motorsports und auch ein Gefühl für die Historie. Deshalb wäre es für ihn auf jeden Fall etwas Besonderes, den zweiten Titel hier auf dem Kurs unter Dach und Fach zu bringen, auf dem so viele klassische, große WM-Duelle entschieden wurden: "Suzuka ist immer etwas Besonderes, wenn man über den WM-Titel spricht. Natürlich birgt diese Strecke hier sehr viel Geschichte, gerade Ende der 80er, Anfang der 90er - die Entscheidungen mit Alain Prost und Ayrton Senna kennt jeder.

Live hat er diese Entscheidungen damals natürlich noch nicht gesehen, dazu ist er noch viel zu jung, aber die wichtigsten Bilder und Szenen kennt er natürlich: "Ich habe mir zwar nicht die kompletten Rennen auf Video angeschaut, aber die entscheidenden Ausschnitte kennt ja jeder Formel-1-Fan genau, ich natürlich auch." Was er dagegen noch ganz genau aus eigenem Erleben im Gedächtnis hat, ist das WM-Finale 1998, "als Michael Schumacher noch um die WM fuhr und sie an Mika Häkkinen verloren hat, als sein Motor hochging, wie er dann da am Streckenrand geparkt hat. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Ich war natürlich bitter enttäuscht, ich hätte viel lieber Michael siegen gesehen..."

Zugfahrt

Auf eines kann der Heppenheimer garantiert bauen: Darauf, dass er mit einem WM-Sieg hier auch den meisten der japanischen Fans eine Freude machen würde. Die mögen ihn - und er mag sie: "Die Leute sind in der Regel sehr höflich und sehr distanziert" - zumindest abseits der Strecke, sodass er auch keinerlei Probleme hatte, als er mit dem Zug unterwegs nach Suzuka war. "Heute fährt nicht einmal ein Auto und es sind trotzdem schon eine Menge Leute auf den Tribünen", staunte Vettel am Donnerstag. Auf seiner Streckenbegehung entdeckte der Red Bull-Pilot speziell für ihn entworfene Fahnen. "Das gibt uns ein bisschen Extra-Kraft."