Sie waren vor zwei Wochen in Österreich. Wie war's? Wie hat Ihnen der neue Red-Bull-Ring gefallen?

BERNIE ECCLESTONE: Gut. Sehr gut. Wie in den alten Tagen, ein wenig Regen, aber alles okay.

Der Formel-1-Kalender ist randvoll. Aber wäre Spielberg eine Alternative, wenn Sie eine Strecke brauchen würden?

ECCLESTONE: Das ist ein Fall, der derzeit nicht relevant ist. Wir haben sehr viele Länder, die einen Grand Prix wollen. Der neue Red-Bull-Ring ist auf jeden Fall toll, ich war sehr beeindruckt. Wir müssen einfach abwarten, alles ist möglich.

Vor einigen Jahren sagten Sie mir noch, das Thema Österreich wäre ein für alle Mal erledigt, Österreich werde nie mehr einen Grand Prix sehen.

ECCLESTONE (fragend): Aber Sie wissen doch am allerbesten, wie es damals in Spielberg ausgesehen hat.

Sind die Bauarbeiten der neuen Rennstrecke in Texas für nächstes Jahr und in Sotschi für 2014 im Zeitplan?

ECCLESTONE: Ja, ja. Da sollte es keinerlei Probleme geben.

Kommen wir zur heurigen Saison. Wie gefällt sie Ihnen? Wie sind Sie mit dem bisherigen Verlauf zufrieden?

ECCLESTONE: Sehr. Es war gut, dass in Barcelona ein anderer (Mark Webber, Anm.) auf der Poleposition war. Wenn sich zwei Piloten aus dem gleichen Team duellieren, ist das für das Publikum immer gut, erinnern Sie sich nur an Ayrton Senna und Alain Prost.

Aber wir hatten 80 oder mehr Boxenstopps in den letzten Rennen, ist das sinnvoll?

ECCLESTONE: Nein, das ist wirklich zu viel.

Und was denken Sie über die neuen Regeln, speziell über die neuen Reifen?

ECCLESTONE: Das passt schon so. Denken Sie zurück, vor einigen Jahren kamen von den ersten sechs zur Halbzeit eines Rennens höchstens drei ins Ziel. Und der, der in Führung lag, gewann auch meistens. Es gab Motorprobleme, Getriebeprobleme und so weiter. Heute sind die Autos so standfest, aber dafür müssen die Fahrer das erste Mal nachdenken, wie schone ich mein Getriebe, meine Bremsen. Und wie schone ich vor allem meine Reifen?

Die Diskussionen über den neuen Motor ab 2013 (1,6-Liter-Turbo, Anm.) hören nicht auf. Kommt dieser Motor? Sind Sie einverstanden, dass sehr viel Geld für Neuentwicklung ausgegeben werden muss?

ECCLESTONE: Grundsätzlich ist das Motorenreglement ja schon beschlossen. Aber ich höre, dass es einige Hersteller wegen der hohen Kosten wieder infrage stellen. Ich bin jedenfalls dagegen, und Jean (Todt, Präsident des Automobilweltverbandes FIA, Anm.) weiß das auch. Die Fans wollen den Sound eines richtigen Rennmotors hören und nicht den irgendeines mickrigen Rennautos.

Etwas ganz anderes, was sagen Sie zur Situation von Michael Schumacher? Glauben Sie, dass er noch während der Saison zurücktreten wird?

ECCLESTONE: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube nicht, dass es für Michael schon an der Zeit ist, aufzuhören.

Sind Sie von seinen derzeitigen Leistungen enttäuscht?

ECCLESTONE: Ja, so habe ich mir sein Comeback natürlich nicht vorgestellt. Er hat sicher nichts von seinem Speed, seinem Talent oder von seinem Siegeswillen eingebüßt. Zuerst dachte ich, das Auto sei schlecht. Jetzt weiß ich aber wirklich nicht, warum es nicht klappt. Ich bin ziemlich überrascht.

Ist die Weltmeisterschaft noch offen? Oder wird es eine klare Sache für Sebastian Vettel und Red Bull bleiben?

ECCLESTONE: Da müsste einer schon sehr viel Glück haben. Für jeden anderen, als für Sebastian, wäre es sehr schwer, noch Weltmeister werden. Nur sein Teamkollege hat vielleicht noch eine kleine Chance.

Fährt die Formel 1 heuer noch in Bahrain?

ECCLESTONE: Ich denke schon. Es scheint dort wieder alles ruhig zu sein. Wir werden das in den nächsten Tagen diskutieren und den Kalender am Jahresende noch einmal umkrempeln.

Was ist an den Gerüchten dran, dass der Mehrheitseigentümer der Formel 1 (CVC Capital Partners, Anm.) seine Anteile schon demnächst verkaufen wird?

ECCLESTONE (schaut fragend): Wer so etwas behauptet, hat leider vergessen, die Betroffenen zu fragen. Ich erwarte mir diesbezüglich aus der heutigen Sicht keinerlei Änderung.

Also bleiben auch Sie auf dem Kommandostand?

ECCLESTONE (lacht verschmitzt): Früher oder später werde ich es nicht mehr sein. Aber es ist nicht geplant, dass in unmittelbarer Zukunft etwas passiert.

Hat eine jener Gruppen, denen ein Interesse an einer Formel-1-Übernahme nachgesagt wird, Sie jemals kontaktiert?

ECCLESTONE: Ich habe mit beiden Seiten (Exor, Fiat-Konzern bzw. News Corp. von Medienmogul Rupert Murdoch, Anm.) persönlich gesprochen. Aber sie sollten auch mit dem derzeitigen Eigentümer sprechen. Ich denke, CVC hat klargestellt, dass sie an einem Verkauf ihrer Anteile nicht interessiert sind. Wir haben schließlich auch klar definierte Verträge, dass die Formel 1 im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein muss. Die News Corp. zum Beispiel sendet nur über Pay-TV-Kanäle.

Grundsätzlich wollen die Teams einen immer größeren Teil von den Einnahmen der Formel 1. Wird es den für sie im neuen Vertrag ab 2013 geben?

ECCLESTONE: Nein, da wird sich nichts ändern.

Können Sie uns abschließend aus Ihrer Sicht die Vorgänge rund um den inhaftierten Gerhard Gribkowsky, die Bayerische Landesbank und was die Formel 1 damit zu tun hat darstellen?

ECCLESTONE (schüttelt den Kopf): Nein. Das ist ein schwebendes Verfahren, in das so viele Personen involviert sind, daher möchte ich nichts dazu sagen.