Sie sind gerade einmal fünf Grands Prix gefahren und gelten schon als einer der Stars der Formel 1.

DANIIL KWYAT (lacht): Ich bin mir nicht sicher, ob das so ist. Ich bin hier um meine Arbeit zu machen, versuche, mein Bestes zu geben und ja nie zu vergessen, dass ich nur deshalb in einem Formel-1-Auto sitze.

Wem haben Sie das eigentlich mehr zu verdanken, wer war wichtiger für Sie? Russlands Präsident Putin? Oder doch Red Bull? KWYAT: Ich bin in Russland geboren, dort aufgewachsen, meine Mentalität und meine Seele sind russisch. Ich bin diesem Land sehr dankbar.

Es war nie ein allzu großes Geheimnis, dass zum Beispiel Witali Petrow (Anm., fuhr zwischen 2010 und 2012 für Renault und Caterham 57 Grands Prix) nur mit Staatsgeldern und mit Putins persönlicher Hilfe in die Formel 1 gekommen ist?

KWYAT: Der Rennsport ist in Russland noch nicht sehr weit. Deshalb haben meine Familie und ich entschieden, nach Italien zu gehen, dort zu leben. Den Sitzplatz im Formel-1-Auto habe ich durch meine eigenen Händen und meine eigenen Ergebnissen bekommen. Einen anderen Faktor gibt es nicht. Aber natürlich bin ich Red Bull sehr dankbar, sie haben mir geholfen, als ein professioneller Rennfahrer, der gewinnen kann, groß zu werden. Doktor Marko (Anm., Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko) war oft sehr hart zu mir. Wenn ich zurückblicke, hat mir das aber unheimlich geholfen.

Ihre Familie hat sich nur wegen des Motorsports entschieden, Russ- land zu verlassen?

KWYAT: Es war jetzt nicht so, dass ich zu meinem Vater gegangen bin und gesagt habe, "Komm, wir wandern nach Italien aus". Aber mein Vater hat beim Gokartfahren gesehen, dass ich Talent dafür habe. Und wir haben gewusst, wenn ich weiterkommen will, gibt es in Russland nicht genug Möglichkeiten. Ich habe dann mit meiner Mutter sehr früh in Rom gelebt, mein Vater hat in Russland gearbeitet, ist nur zu einigen Rennen gekommen.

Die Formel 1 haben Sie schon von Russland aus beobachtet?

KWYAT: Ja, natürlich. Es war 2004, wir haben damals in Moskau gelebt. Es war die große Zeit von Michael Schumacher.

Ist Schumacher Ihr großes Idol, Ihr Vorbild?

KWYAT: Das Wort Idol klingt zu großspurig. Ein Idol versucht man allzu leicht zu kopieren. Und es gibt nur einen Michael Schumacher. Aber bei Schumacher gibt es viele Aspekte, die man sich abschauen kann.

Gegen Ende des Jahres fährt die Formel 1 zum ersten Mal in Russland. Ist das nicht eine zusätzliche Belastung für Sie?

KWYAT: Nein, nein. Der Grand Prix in Sotschi (Anm., 12. Oktober) ist momentan auch noch etwas weit weg. Ich freue mich aber, dass heute immer mehr Russen die Formel 1 verfolgen.

Sie fahren in Monaco zum ersten Mal auf einem Stadtkurs. Wie bereitet man sich da vor?

KWYAT: Ich bin ja schon in Singapur, vor zwei Jahren auch in Pau auf Straßenkursen gefahren. Man macht nichts Spezielles. Man muss sich vielleicht etwas mehr konzentrieren. Aber große Geheimnisse gibt es nicht.

Vor allem im Qualifying hatte es bisher den Anschein, als ob es für Sie die einfachste Sache der Welt wäre, Risiko zu nehmen und Limits zu finden?

KWYAT: Es gibt zwei Arten von Risiko. Das kalkulierbare und dann jenes Risiko, bei dem du immer im Gefahrenbereich bist, hinauszufliegen. Ich bevorzuge eher kalkulierbares Risiko.

Wie sehen Sie ein Stadt wie Monaco, verglichen mit ihrer Heimatstadt in Russland?

KWYAT (lacht laut auf): Es ist schon ein bisschen ein Unterschied. Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier leben möchte. Dieses ganze Glamouröse. Ich war am Abend in einem Restaurant, dort war es sehr schwer, nur auf meinen eigenen Teller zu schauen.

Noch einmal zurück zum Grand Prix in Sotschi. Sind Sie sicher, dass er aus heutiger Sicht auch stattfinden wird?

KWYAT: Ich bin kein Politiker. Aber ich meine, Sport und Politik sind etwas völlig Verschiedenes. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir in Sotschi fahren werden.

Aber Russland, die Ukraine und die Krim, Sie verfolgen schon, was dort gerade passiert?

KWYAT: Noch einmal, ich bin kein Politiker, ich bin Sportler, das ist mein Job. Ich verfolge natürlich alles, was zu Hause passiert, in den Medien. Aber am Ende wird man wohl immer hinter seinem Heimatland stehen.