Seit über zwei Jahrzehnten ist keine Frau mehr ein Formel-1-Rennen gefahren. Sind Frauen womöglich doch die schlechteren Autofahrer?
SUSIE WOLFF: Überhaupt nicht. Ob man gut Auto fahren kann, hat sicher nichts damit zu tun, ob man eine Frau oder ein Mann ist. Es hängt mit deiner Persönlichkeit zusammen. Ich habe immer, schon als Kind, die Geschwindigkeit geliebt. Und Rennfahrerin bin ich nicht geworden, um etwas zu machen, was andere Frauen nicht machen.

Warum ist die Frauenquote im Rennsport dann so niedrig?
WOLFF: Einerseits, weil es nie eine erfolgreiche Frau und daher keine Vorbilder gab. Außerdem versuchen sich viel zu wenig Mädchen schon in jungen Jahren zum Beispiel im Kart-Sport.

Sind Sie familiär sozusagen vorbelastet?
WOLFF: Mein Vater ist Motorradrennen gefahren und hatte zu Hause in Schottland ein Motorradgeschäft. Ich hatte mit zwei Jahren mein erstes kleines Motorrad und bin mit acht ins Gokart gestiegen. Sie haben mich auch immer unterstützt. Es gab keinen Unterschied zwischen mir und meinem Bruder (lacht). Ich musste jedenfalls nicht zum Reiten, nur weil ich ein Mädchen war.

Dennoch, was machen jene 22 Männer, die heute den Grand Prix fahren, anders?
WOLFF: Sie sind nicht deshalb hier, weil sie Männer sind. Sie sind hier, weil sie derzeit die Besten und Schnellsten sind. Es ist für einen Mann und eine Frau schwierig, in die Formel 1 zu kommen. Frauen erhalten vielleicht weniger oft eine Chance.

Das hieße aber, Sie müssen jetzt überzeugt sein, genauso schnell wie zumindest einige der 22 Männer zu sein?
WOLFF: Ich würde nicht hier sitzen, wenn ich das nicht glauben würde. Es zu beweisen, das liegt jetzt an mir.

Sie sind eine eher kleine, sehr zierliche Frau. Was mussten Sie machen, um so ein Formel-1-Auto auf der Straße zu halten?
WOLFF: Vor dem ersten Test im Vorjahr war das ein Thema. Bin ich stark genug, ein Formel-1-Auto zu fahren? Ich wusste es ja selbst nicht. Aber es war kein Problem. Und für die heurigen Autos ist es ein Vorteil, kleiner und leichter zu sein.

Darf man etwas provokant sein? Williams hat einen Mercedes-Motor. Sie sitzen bei Williams in einem Formel-1-Auto. Ihr Mann ist Sportchef bei Mercedes . . .
WOLFF: Sie meinen im Ernst, dass es so läuft? Motor gegen Frau? Du bekommst meinen Motor und meine Frau dafür ein Cockpit? Solche Geschäfte gibt es nicht. Das heißt nicht, dass mich mein Mann nicht unterstützt. Aber er sitzt nicht bei mir im Auto, wenn ich auf die Rennstrecke fahre.

Bernie Ecclestone hat immer gesagt, er brauche in der Formel 1 einen Farbigen, einen Chinesen und eine Frau. Das könnte man durchaus als PR-Gag auslegen?
WOLFF: Nur eine Frau zu sein, das genügt nicht. Du kannst diese Autos nicht fahren, wenn du nicht gut genug bist. Wenn es so ein toller PR-Gag wäre, warum sitzt dann nicht öfter eine Frau in einem Formel-1-Auto?

Sie sind lange Zeit in der DTM (Anm. Tourenwagen-Masters) gefahren. Die Top-Ergebnisse haben aber gefehlt?
WOLFF: Ich wäre selbst gerne erfolgreicher gewesen. Aber auch in der DTM hast du überhaupt keine Chance auf Erfolg, wenn du nicht beim besten Team im schnellsten Auto sitzt.

Was würden Sie sich zutrauen, wenn Sie im Mercedes von Lewis Hamilton oder in Sebastian Vettels Red Bull sitzen würden?
WOLFF: Schwierig zu sagen. Man braucht in jedem Auto einige Zeit, um das letzte Zehntel herauszuholen.

Generell gilt die Formel 1 als eine große Macho-Welt. Wie tritt Ihnen zum Beispiel ein Bernie Ecclestone gegenüber?
WOLFF: Ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen. Ich finde auch nicht, dass er ein Macho ist.

Wie sehr mussten Sie Ihre Ellbogen einsetzen, um sich den Weg freizuräumen?
WOLFF: Schon das eine oder andere Mal. Als Frau musst du für den Respekt umso härter kämpfen. Aber ich war immer fair.

Wo und wie haben Sie sich das Technikverständnis angeeignet?
WOLFF: Das kommt einfach mit der Zeit, wenn du von acht Jahren an in Karts und Rennautos sitzt. Und in sieben Jahren DTM lernt man sehr viel.

Wenn Sie mit Ihrem Mann durch eine Stadt fahren, wer ist beim Einparken besser?
WOLFF: Je nachdem, wen von uns beiden Sie fragen. Es fährt aber zumeist Toto. Wenn ich fahre, nörgelt er nur. Er ist ein schlechter Beifahrer. Er muss ein schlechter Beifahrer sein, denn ich kann sehr gut Auto fahren.