Ein Abstecher in eine Welt, die zwar mit Rädern, aber nichts mit Hightech zu tun hat. Macht Ihnen so etwas eigentlich Spaß?

Sebastian Vettel: Na klar! Ich habe mir ja auch die ganzen wilden Konstruktionen angeschaut. Was da zum Teil konstruiert wurde, auf solche Ideen käme ich nie.

Sie sind ja aus der Formel 1 eine Menge Knöpfe und Elektronik gewöhnt. Wie geht es Ihnen denn, wenn Sie einmal in einem ganz gewöhnlichen Leihwagen sitzen?

Vettel: Gerade dort sind oft so viele Knöpfe, dass man zuerst gar keine Ahnung hat. Das eigentliche Autofahren wird dadurch ein bisschen in die zweite Reihe gestellt. Wenn man heute zur Werkstatt fährt, kommt einer und steckt ein Kabel rein, um zu sehen, was das Problem ist. Früher hat man noch selbst reingeschaut und konnte sehen, wo es klemmt.

Sie wissen also eher, wie Ihr Formel-1-Rennwagen im Detail funktioniert?

Vettel: Ganz ehrlich gesagt, auch nicht. Auch da haben früher die Fahrer ja noch selbst angepackt. Heute ist alles viel zu komplex geworden. Man sieht es ja schon daran, wie viele Leute an meinem Auto herumschrauben.

Würde man sich als Rennfahrer manchmal wünschen, dass die Technik wieder mehr Richtung Seifenkiste, als Richtung Spaceshuttle ginge?

Vettel: Ja und nein. Die Technik erlaubt es uns, so schnell zu sein, diese Kurvengeschwindigkeiten zu erleben, die es früher nicht gab. Es ist eine Entwicklung, wie in jedem anderen Sport auch. Beim Skifahren sind die Geschwindigkeiten auch so hoch wie nie zuvor. Es ist natürlich die Frage, wie "gesund" derartige Fortschritte sind.

Wie lange braucht man, um aus der Extrem-Welt eines Rennens wieder in die normale Welt zurückzukommen?

Vettel: Man bekommt ja trotzdem mit, was um einen herum passiert, kommt daher relativ schnell wieder zurück.

Wenn man sich in einer Welt bewegt, in der es um Tausendstelsekunden geht, hat man dann außerhalb davon ein anderes Gefühl für Zeit?

Vettel: Außerhalb von Rennstrecke und Formel 1 habe ich ein Zeitgefühl wie jeder andere Mensch auch.

Haben Sie dann manchmal das Gefühl, dass die Zeit langsamer vergeht?

Vettel: Es kommt immer auf die Situation an. Und es ist entscheidend zu wissen, wann man den Punkt erreicht hat, wo man mehr Zeit für sich selbst braucht. Diese Zeit für mich selbst ist mir auch immens wichtig.

In Ihrer Wahlheimat, der Schweiz, geht es ja auch auf den Straßen ziemlich ruhig zu. Macht ihnen dort das Autofahren überhaupt Spaß?

Vettel: Die meisten Leute haben ein etwas falsches Bild. Die denken immer, ein Formel-1-Pilot fährt auch auf der Straße wie ein Gestörter. Ich würde nicht sagen, dass ich jedes Tempolimit absolut einhalte. Aber ich würde mich doch als passiven Autofahrer einschätzen.

Die Formel 1 fährt heuer in 19 Ländern. Wie weit können Sie diese Länder kennenlernen, gibt es da Freiräume?

Vettel: Sicher, ich bin doch nicht eingesperrt. Man versucht überall, ein bisschen etwas mitzunehmen. Anderseits ist es, wenn man so viel unterwegs ist, auch schön, wieder nach Hause zu kommen.

Wenn man so viel unterwegs ist, was ist dann für Sie typisch deutsch?

Vettel: Typisch deutsch ist gutes Brot. "Tatort" schauen. Typisch deutsch ist auch, freitags sein Auto zu waschen, um es am Wochenende in der Garage stehen zu haben.

Sie sind ja bekannt für Ihren absoluten Siegeswillen. Gibt es außerhalb der Formel 1 Niederlagen, über die Sie sich besonders ärgern?

Vettel: Ich verliere, immer noch konstant, gegen den Kimi (Räikkönen, Anm.) beim Badminton. Das regt mich in dem Moment tierisch auf.

Sie haben einmal gesagt, Niederlagen machen die Sehnsucht nach Siegen noch größer. Welche Niederlage in der Formel 1 hat Ihre Sehnsucht besonders gesteigert?

Vettel: Jeder hat in seiner Laufbahn Zeiten, in denen viele Rennen gut liefen, und andere, in denen es nicht so gut lief. Gewisse Durststrecken sind normal. Aber gerade dann sind das Zeiten, die einen prägen können, in denen man viel lernen kann, um beim nächsten Mal nicht so in ein Loch zu fallen. Du musst sofort wieder nach vorne schauen, damit du dir gar nicht erst erlaubst, zu sagen, "jetzt bin ich in einem Tief", sondern immer in der Lage bist, das Beste herauszuholen.