Der schwarze S65, die schnelle, von AMG veredelte S-Klasse-Version von Mercedes mit den zahlreichen Einfahrtsgenehmigungen hinter der Windschutzscheibe, auf denen lediglich "Mr. E" zu lesen ist, steht seit Mittwoch im Fahrerlager von Monaco. Gleich neben dem Domizil des Hausherren der Formel 1. Davor eine große Fläche mit grünem Teppich, die wie eine "restricted area" wirkt, wie eine Verbotszone, die man nicht betreten sollte. Damit niemand Bernie Ecclestone zu nahe kommt.

Vor zehn Tagen hat die Staatsanwaltschaft in München Anklage gegen "Mr. E" wegen des Verdachts auf Bestechung und Anstiftung zur Untreue erhoben. Ecclestone soll dem früheren Vorstand der Bayern-Landesbank, Gerhard Gribkowsky, beim Verkauf von Formel-1-Anteilen 44 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt haben. Die Anwälte von Ecclestone bekommen nun die englische Übersetzung der Anklage, haben die Möglichkeit zur Stellungnahme. Dann erst entscheidet das Münchner Landgericht, ob es einen "Fall Mr. E" überhaupt geben wird, ob es zur Verhandlung kommt. Wovon aber so mancher Insider in Monaco definitiv ausgeht. Die Staatsanwälte in München seien kluge Menschen, die keine Anklage erheben, wenn die Beweislast nicht klar und deutlich ist.

Schutzzone

Dennoch halten viele in der Formel 1 fast eine schützende Hand über ihren Zampano. Helmut Marko, Motorsportchef bei Red Bull, reagierte auf eine entsprechende Frage regelrecht grantig: "Es gibt keinen Fall Ecclestone. Aus. Punkt. Basta." Es hat den Anschein, als ob die gesamte Formel 1 einen großen Bogen um das Thema macht. Keine Fragen, keinerlei Antworten. So ist es am besten.

Selbst die Formel-1-Besitzergesellschaft CVC stärkt vorerst öffentlich Ecclestone den Rücken. Dennoch ist Bewegung in die Sache gekommen. Bei einem Verfahren seitens des Gerichts wird offen über die Ecclestone-Ablöse diskutiert werden müssen. Was Michel Boéri, Präsident des Automobilclubs Monaco, auch kommen sieht. Die Formel 1 sei ein Dauerläufer. Mit ungebrochener Faszination. Der Zeitung "Monaco Matin" verriet Boéri nur, dass es derzeit einen einzigen Faktor der Unsicherheit in der Formel 1 gebe: die Nachfolge von Bernie Ecclestone.

Interimslösung

Die Formel-1-Holding Delta Topco überlegt Lösungen. Schließlich muss eine Nachfolge von Bernie Ecclestone (82) schon aus "biologischen Gründen" angedacht werden. Ein Konsortium gilt als Übergangslösung wahrscheinlich. Dafür werden Namen wie Dietrich Mateschitz, Luca di Montezemolo, der Villacher Delta-Topco-Vorstand Peter Brabeck-Letmathe oder auch Gerhard Berger immer wieder genannt. Am Ende wird aber wieder ein einzelner Managing-Direktor als Ansprechpartner für alle Belange stehen. Der aber nicht zwangsläufig aus dem unmittelbaren Umkreis der Formel 1 kommen muss.