Auf dem "Salón Internacional del Automóvil", der Automesse von Barcelona, werden gerade vier Europa-Premieren und, mit Elektromodellen von Renault und des VW-Up!, zwei Weltpremieren ausgestellt. Man wollte dafür den Windschatten der Formel 1 nützen. So richtig Notiz nimmt von den neuen Autos aber niemand. Und draußen, vor den Messehallen, auf dem Plaça de Espanya, wird wie fast jeden Tag gegen irgendeines der unzähligen Sparprogramme von Ministerpräsident Mariano Rajoy demonstriert.

Der Spanier hat längst andere Sorgen, als Autos oder gar Rennautos. 2007, im letzten Jahr vor der Krise, wurden im Land 1,7 Millionen Automobile verkauft. Im Vorjahr waren es noch 700.000. So wenige, wie seit Anfang der 90er-Jahre nicht mehr. Aber in Spanien sind inzwischen auch 6,2 Millionen Menschen ohne Arbeit. Und die Jugendarbeitslosigkeit ist zuletzt auf 57 Prozent angestiegen.

Einen Schuldenberg von 67 Milliarden Euro hat alleine die Provinz Katalonien angehäuft. Zigtausende Wohnungen stehen leer. Selbst in den einfachen Strandkneipen entlang der Costa Brava sitzen heute kaum Menschen. Und die Straßen rund um den "Circuit de Catalunya", der Rennstrecke bei Montmeló, eine halbe Autostunde nördlich von Barcelona, waren am gestrigen ersten Formel-1-Tag wie ausgestorben. Das allerbilligste Ticket im Wochenendpaket kostet 230 Euro, am Renn-Sonntag zwischen 200 und 250 Euro. Für Menschen, die Kreditraten, Mieten, Strom und Wasser nicht mehr bezahlen können.

Vom ursprünglichen Plan, aus Kostengründen die Rennen von Barcelona und Valencia, heuer erstmals seit 2007 nicht mehr im Kalender, in Hinkunft alternierend zu fahren, will man hier dennoch nichts wissen. "Wir haben einen Vertrag bis 2016 und verhandeln gerade, diesen bis 2020 zu verlängern", sagt Streckenchef Vincente Aguilera. "Ohne Fernando Alonso hätte Spanien gar keinen Grand Prix mehr", sagen andere.

Santander, die spanische Großbank, Hauptsponsor von Ferrari und in Barcelona Titelsponsor eines von vier Formel-1-Rennen, ließ wie zum Hohn einen Ferrari per Hubschrauber mitten in die Innenstadt fliegen. Der Krise zum Trotz? Eher nur das Blaue vom Himmel, das die Formel-1-Tage versprechen.

Auf Sebastian Vettel sind die Spanier übrigens nicht sehr gut zu sprechen. Alles Deutsche wird in Südeuropas Krisenländern immer mehr zum Feindbild. Dem Diktat von Angela Merkel und den Deutschen in der EU schieben die Spanier in die Schuhe, dass kein Ausweg aus der Krise in Sicht ist.