Rollte Fernando Alonso zurück in die Boxengasse, waren seine Ferrari-Mechaniker in höchster Alarmbereitschaft. In Sekundenschnelle wurden ein halbes Dutzend fahrbare, rote Paravents drapiert, hinter denen das Rennauto verschwand. Red Bull deckte zusätzlich beim noch rollenden Auto die gesamte Heckpartie mit einer Art Spezialvorhang ab. Lotus versteckte sich überhaupt gleich hinter geschlossenen Garagentoren und Abdeckwänden. Mercedes verpackte sogar seine Schlagschrauber für die Reifenwechsel in Alusäcken. Und weil es alle machten, verbarrikadierte sich selbst das Nachzügler-Team Marussia.

Daten unbrauchbar

Die Formel 1 spulte in Barcelona den letzten ihrer insgesamt zwölf Testtage herunter. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz machte sich im letzten Moment selbst einen Tag lang ein Bild. Aus dem gesammelten Datenmaterial wurde allerdings auch er noch nicht wirklich schlau. Vor allem die neuen Reifenmischungen machen Produzent Pirelli und Rennställe wieder einmal gleichsam nervös. "Denn die Reifen bauen schneller denn je ab", sagt Helmut Marko, Motorsport-Chef bei Red Bull. Bis zu fünf Reifenwechsel waren auf eine simulierte Renndistanz notwendig.

Weil das Wetter sowohl in Jerez, vor allem aber in Barcelona ungewöhnlich kühl war, sind die Reifendaten für die ersten vier Saisonrennen (Australien, Malaysia, China und Bahrain) nahezu unbrauchbar. Und selbst beim Europa-Auftakt im Mai auf gleicher Strecke werden völlig andere Verhältnisse herrschen. In Jerez war es zudem extrem windig und der Asphalt derart "ruppig", dass die weiche Gummimischung überhaupt nicht getestet werden konnte.

In Barcelona hat Mark Webber eine Tagesbestzeit markiert, die einzige für Red Bull an den zwölf Testtagen. Das will der dreifache Weltmeister Sebastian Vettel aber nicht überbewerten. "Natürlich sind schnelle Runden ein gutes Zeichen. Aber wir profitieren hier vor allem vom Experimentieren und von den daraus resultierenden Daten", sagte Vettel über seinen neuen Rennwagen. Allerdings machten auch ihm die Reifen Sorgen. "Wir hätten uns bei den Tests doch etwas mehr Konstanz gewünscht, vor allem bei den Reifen."

Bauteile sortiert

Star-Designer Adrian Newey, aus dessen Feder auch der heurige Red Bull, Modell RB9, stammt, fasste die Testtage beinahe philosophisch zusammen. Das Auto müsse bereits zu Saisonbeginn so etwas wie "eine fixe Größe sein. Ein Fundament, auf dem man in der Folge Rennen für Rennen aufbauen kann", sagte Newey. "Denn wenn die Basis wackelt, kippt sehr leicht eine ganze Saison."

"Wir wissen jetzt ziemlich genau, wo wir stehen. Aber wir wissen nicht, wo die anderen stehen", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. In Barcelona hatte Red Bull bereits das komplette Sortiment an neuen Bauteilen dabei. "Wir haben hier versucht möglichst genau auszusortieren, wie unser Auto beim Saisonstart dann tatsächlich aussehen wird", sagte Helmut Marko, ehe diese Woche Sack und Pack für die Reise an andere Ende der Welt verladen werden. In zehn Tagen, beim ersten Grand Prix in Melbourne, da kann die Formel 1 dann nichts mehr verstecken.