Wieder einmal saß Valentino Rossi mit einem breiten Grinsen bei der Pressekonferenz. Zum einen hatte gewonnen. Zum anderen wird er sich auch gefreut haben, endlich entspannt sitzen zu können. Denn vor dem Grand Prix in Barcelona hatte er kaum Zeit zur Muße. Egal, bei welcher Tür oder bei welchem Fenster er seinen Kopf herausstreckte, überall wurde er sofort von Fans und Journalisten belagert. Da hatte es Jorge Lorenzo wesentlich ruhiger. Und das, obwohl er auf Pole Position stand, Spanier ist und das Logo des FC Barcelona auf seinem Helm trägt.

Vorahnung. "In Italien sagen wir zu so einem Rennen nur: Mamma mia", sagte "Doktor Rossi" begeistert. Wie wahr, denn was sich der regierende Weltmeister und sein Yamaha-Teamkollege Lorenzo auf dem Circuit de Catalunya geliefert haben, war ein Krimi. Die Fans schienen eine Vorahnung gehabt zu haben, dass sie Zeuge eines der spektakulärsten Rennen der letzten Jahre werden würden. Schon um 8 Uhr früh, zu einer Zeit, in der die katalonische Metropole sonst tief und fest schläft, waren die Zufahrtswege zur Rennstrecke verstopft. 88.000 drängten sich hinauf nach Montmelo.

Belohntes Risiko. Rossi und Lorenzo hingegen hatten bald freie Bahn, setzten sich vom Feld ab und konzentrierten sich ganz auf ihr Duell: Mal war der eine vorne, mal der andere. Sechs Positionswechsel zählte man bis zur letzten Runde. Der genialste gelang Rossi, der Lorenzo bei einem Überholmanöver so nahe kam, dass er das rechte Knie einziehen musste, um "Feindkontakt" zu vermeiden. Und doch sah Lorenzo auf der Yamaha mit der Startnummer 99 eingangs der letzten Runde wie der sichere Sieger aus; bis Rossi in der vorletzten Kurve alles auf eine Karte setzte - und siegte. Zum 99. Mal in seiner außergewöhnlichen Karriere; seine legendäre Startnummer "46" wird er trotzdem nicht mit Lorenzo tauschen.

Feier. Letzterer sah die Sache nüchtern: "Er war heute besser und ist einfach der bessere Fahrer." Und während der Spanier bei seinem Heimrennen unbehelligt zu seinem Motorhome spazierte, sprang Sieger Rossi über die Boxenmauer ließ sich feiern - wohl wissend, dass die Massen ihm sonst wohl bis unter die Dusche gefolgt wären.