Herr Lauda, taugt Ihnen dieser Schicki-Micki-Auftrieb hier in Monaco eigentlich, oder nervt Sie das eher?
Niki Lauda: Ui, jetzt muss ich aufpassen, dass ich nicht wieder etwas Falsches sage, wie letzte Woche beim Life-Ball. Ich war früher ja hier, um Rennen zu gewinnen und nicht, um auf irgendwelchen Partys herum zu turnen. Deshalb hat mir das nie gefallen. Vielleicht taugt es einem Schicki-Micki-Piloten - nur, die meisten sind das nicht.

Aber ist es nicht "part of the game", in Monaco sogar der wichtigste Teil des Spieles?
Niki Lauda: Na klar, deshalb braucht auch keiner zu jammern oder zu schimpfen. Die, die hier die großen Feste schmeißen, zahlen schließlich auch die Gehälter der Rennfahrer. Trotzdem, jeder Besuch auf einem Boot, jeder Termin lenkt ab. Und deshalb wollte ich das Alles nicht.

Heute müssen Sie ja nicht mehr fahren . . .
Niki Lauda: Egal. Es geht mir auch heute noch auf die Nerven. Ich bin höflich und gehe hin, wo ich hingehen muss. Aber meine Welt ist das nicht.

Wie schwierig ist Monaco aus der Rennautoperspektive?
Niki Lauda: Es ist das schwierigste Rennen. Alle anderen Strecken sind inzwischen so weiträumig geworden, dass du als Rennfahrer heute gar keine Leitschienen mehr siehst. Dann kommst du hierher und glaubst, es holt dich der Teufel.

Das heißt, irgendwann wird es hier so krachen, dass die ganze Formel 1 der Teufel holt?
Niki Lauda: Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ganz im Gegenteil. Monaco ist relativ ungefährlich. Ich meine, gefährlich ist es immer, wenn es dich zum Beispiel verkehrt auf die Leitplanken prackt. Aber wann ist in Monaco zum letzten Mal etwas passiert? 1994. Als es den Karl Wendlinger (lag nach einem Unfall Ausfahrt des Tunnels 19 Tage im Koma, Anm.) erwischt hat. Monaco ist eine der sichersten Strecken.

Die Frage, ob ein Grand Prix in Monaco noch zeitgemäß ist, erübrigt sich demnach?
Niki Lauda: Zeitgemäß? Monaco ist so richtig zeitgemäß. Heute wahrscheinlich mehr denn je.

Dass die Formel 1 aber ausgerechnet in Monaco wieder über Sparmaßnahmen zu diskutieren beginnt, das ist doch ein ordentlicher Anachronismus?
Niki Lauda: Es bringt auch überhaupt nix. Die Diskussionen kommen wieder, wieder und werden immer wieder kommen. Nur, wie willst du das überprüfen?

Aber die Formel 1 ist zu teuer, das steht außer Diskussion?
Niki Lauda: Dabei wäre es relativ einfach. Jeder spart für sich selbst. Jedes Team hat sein Budget, hat seine Kosten und muss unterm Strich mit dem Geld auskommen. Oder willst du jetzt Mercedes, BMW oder Toyota vorschreiben, dass sie ihre Fabriken halbieren müssen?

Wie gefällt Ihnen die heurige Saison bisher?
Niki Lauda: Einige Rennen waren ziemlich langweilig, wurden nur in der Box und durch Strategie entschieden. Interessant machen die Sache aber Fahrfehler, die immer häufiger werden. Eines ist dadurch klar: Weltmeister werden kann heuer nur, wer bereits vom Training weg alles perfekt macht. Denn überholen kannst du im Rennen kaum noch.

Von fünf Grand Prix hat Ferrari vier gewonnen, das kann der Formel 1 doch nicht gut tun?
Niki Lauda: Reden wir nach dem Rennen weiter. Ferrari hat einen Reifen, der zumindest eine Runde länger braucht, um warm zu werden. Bei kühlem Wetter könnte also durchaus McLaren wieder vorne sein.

Wie und wo ordnen Sie Red Bull bisher ein?
Niki Lauda: Man sollte sie nicht unterschätzen. Sie qualifizieren sich beständig so um den siebenten, achten Platz. Das ist der Level von Red Bull. Mehr darf man nicht erwarten. Sie haben definitiv einen Schritt nach vorne gemacht, aber dort wird die Luft nun immer dünner.

Was meinen Sie, warum Red Bull seinen zweiten Rennstall (Toro Rosso, Anm.) wieder verkaufen möchte?
Niki Lauda: Ich persönlich habe diese Zwei-Team-Strategie nie verstanden. Aber es wird Gründe dafür gegeben haben. Wenn der Didi Mateschitz nun das zweite Team wieder hergibt, um alle Ressourcen zu bündeln, wird er auch seine Gründe haben. Der Gerhard Berger (50-Prozent-Eigner von Toro Rosso, Anm.) würde natürlich lieber privatisiert agieren und frei entscheiden. Er ist allerdings durch Red Bull mehr verstaatlicht, als er glaubt (lacht laut auf) - wie bei der AUA.

Gutes Stichwort. Man hört, Sie wurden bekniet, zur AUA zurückzukehren und bei einer Sanierung mitzuhelfen?
Niki Lauda: Blödsinn. Kein einziger Mensch ist bisher zu mir gekommen und hat darüber mit mir gesprochen.

Wären Sie grundsätzlich zu Gesprächen mit der AUA bereit?
Niki Lauda: Ich bin ein pragmatisch denkender Mensch. Und ich denke über gar nix nach, so lange keine Entscheidungen getroffen werden. ÖIAG, Politiker, Entscheidungsträger müssen sich dringend etwas überlegen. ich wüsste, was - die AUA zu privatisieren, so schnell es geht.

Was hat die AUA Ihrer Meinung nach an den Rand des Ruins gebracht?
Niki Lauda: Das Luftfahrtgeschäft hat viele Variable. Spritpreise, Konkurrenz, Billig-Airlines. Aber das hat die AUA zehn Jahre lang ignoriert und hat nicht reagiert.

Dass die Lufthansa die Mehrheit an der AUA übernimmt, wird als so etwas wie ein Schreckgespenst dargestellt. Sehen Sie das auch so?
Niki Lauda: Überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Gehört die AUA der Lufthansa, muss sie Gewinn einfliegen. Dementsprechend müsste die Lufthansa eine AUA forcieren.

Noch einmal zurück zur Formel 1. Max Mosley ist durch die Boxengasse spaziert, als wäre nie etwas gewesen.
Niki Lauda: Er ist der Präsident, deshalb ist jede Diskussion sinnlos. Er musste kommen. Ja, ich hätte das an seiner Stelle genau so gemacht.

Wie wird die Generalversammlung entscheiden?
Niki Lauda: Ich glaube, dass Mosley gewinnt. Clinton-artig. Wenn Bill Clinton so etwas überlebt hat, überlebt das der Max leicht.