Wenn man an das weltberühmte Louvre denkt, kommt einem sofort „Mona Lisa“ in den Sinn. Doch nicht das 1503 von Leonardo da Vinci geschaffene Gemälde zieht die Blicke in Paris derzeit auf sich. Es ist ein überdimensional großes Action-Bild eines Rugby-Spielers, das an den Außenmauern des Louvre hängt und die Menschenmassen überstrahlt. Die „Grande Nation“ ist bereit für die Austragung der zehnten Weltmeisterschaft im Rugby Union. Millionen von Fans werden die Stadien von 8. September bis 28. Oktober füllen, noch viel mehr Fans rund um den Globus werden vor den Fernsehgeräten zuschauen. In Österreich ist der Sport eine Randerscheinung, „15 Vereine nehmen regelmäßig an Turnieren und Meisterschaften teil“, sagt Bernhard Zainzinger, der Präsident des österreichischen Rugby-Verbandes. Wissenswertes zur beginnenden Weltmeisterschaft:

Der Sport. Die Legende besagt, dass William Webb Ellis im Jahr 1823 an der „Rugby School“ in England den Fußball während eines Spiels mit den Händen aufgenommen hat und gerannt ist. So entstand der Rugby-Sport, wie er heute noch gespielt wird. Das Spielfeld hat ähnliche Maße wie jenes im Fußball. Der eiförmige Ball wird mit der Hand getragen und abgespielt – allerdings darf der Pass nie nach vorne, sondern nur nach hinten gehen. Es ist auch möglich, den Ball mit dem Fuß zu kicken, um einen großen Raumgewinn zu erzielen. Die Spieler tragen – mit Ausnahme eines Zahnschutzes und teilweise eines Kopfschutzes – keine weitere Schutzausrüstung. „Der Reiz an diesem Sport ist das Körperliche, das Intensive“, sagt Zainzinger.

Charakteristik. Rugby ist ein Vollkontakt-Sport. Es ist erlaubt – und erwünscht – den Gegner mit einem Tackle zu Boden zu bringen. Aber: Respekt und Fairness stehen im Vordergrund, die Gemeinschaft überstrahlt alles. „Das wird man auch bei der WM sehen. Die Fans sitzen nicht in getrennten Sektoren. Gegnerische Spieler, die auf der Strafbank sitzen, tratschen teilweise miteinander. Auch Schiedsrichter werden für gewöhnlich mit Respekt behandelt“, sagt Zainzinger. Aber nicht nur die „wilden Kerle“ können den Sport ausüben, auch Frauen und Kinder sind herzlich eingeladen, mit dem Rugby zu beginnen. „Bei uns geht es in der U6 schon los, da spielen die Kinder auf einem kleineren Feld und mit weniger Spielern und es geht hinauf bis zu den ,Old Boys‘“, sagt der österreichische Verbandspräsident.

Unterschiede. Spricht man von Rugby, meint man in den meisten Fällen das bei der WM gespielte Rugby Union. Es ist die Spielform mit 15 Spielern pro Team. Union ist global gesehen die populärste und beliebteste Form des Rugby-Sports. Allerdings gibt es „vor allem in Australien und Nordengland“, wie Zainzinger sagt, mit Rugby League eine zweite Variante. Dort wird mit 13 Spielern pro Team gespielt, das Spielfeld ist etwas kleiner und bereits seit 1895, als man sich vom Rugby Union abgespalten hat, wird der Sport professionell betrieben. Im Union hingegen wehrte man sich bis in die 1990er-Jahre gegen eine Professionalisierung. Man hielt am Amateurstatus fest, um die Werte des Sports weiterhin im Mittelpunkt zu behalten. „Das ist zumindest die romantische Begründung“, sagt Zainzinger. Kritiker warfen den handelnden Personen im Union vor, ein Monopol auf das Spiel behalten und sich nicht mit Geldgebern abgeben zu wollen. „Es war ein elitärer Sport und die obere Klasse wollte eben unter sich bleiben“, sagt Zainzinger. Erst als Spieler unter dem Tisch bezahlt wurden oder mit finanziellen Anreizen vom Rugby Union zum Rugby League gelockt wurden, öffnete sich Union für eine Professionalisierung. Zainzinger: „Und das braucht es im Sport auch.“ Mittlerweile verdienen Sportler im Union und League – je nach Verein – Millionen pro Jahr.

WM-Favoriten. Ein Blick auf die Statistik genügt: Neuseeland und Südafrika haben seit der Erstaustragung 1987 je drei Mal den Titel geholt, Australien zwei Mal. Nur ein einziges Mal kam der Weltmeister bisher aus Europa, England triumphierte 2003. Diesmal soll es wieder soweit sein. „Als Mitglied von Rugby Europe hoffe ich natürlich auf einen europäischen Sieg“, sagt Zainzinger. „Irland und Frankreich haben gute Chancen.“

Rugby in Österreich. Auf die Frage, wie weit Österreich denn von einer Teilnahme an einer Rugby-WM entfernt sei, muss Zainzinger lachen. „Bei uns sind die Spieler des Nationalteams keine Profis. Sie sind Schüler, Studenten oder Angestellte.“ Daher wird der Traum von einer rot-weiß-roten WM-Teilnahme noch lange auf sich warten lassen müssen. Dennoch: Rugby ist in Österreich existent. Die Rugby-WM, die nach der Fußball-WM und den Olympischen Spielen das drittgrößte Sportevent ist, soll einen weiteren Ruck geben.