Brasilien ist bei der Fußball-WM bisher hinter den Erwartungen geblieben. Mit der klaren Zielsetzung, den sechsten Titelgewinn bei Weltmeisterschaften einzufahren, gestartet, versprühte der Rekordchampion bisher wenig spielerischen Glanz. Das Achtelfinale ist dennoch in Reichweite. Im letzten Gruppenspiel gegen Serbien genügt den Brasilianern am Mittwoch (20.00 Uhr) schon ein Remis.

Die Serben klammerten sich vor dem Duell im Spartak-Stadion von Moskau an Durchhalteparolen. "Wenn ich nicht an einen Sieg gegen Brasilien glauben würde, würde ich nach Hause fahren", sagte Stürmer Aleksandar Mitrovic. "Ehrlich, warum sollten wir Brasilien nicht schlagen?", fragte er bei einem Pressetermin selbstbewusst in die Runde. Mit einem Sieg gegen könnte Serbien (3 Punkte) die K.o.-Runde aus eigener Kraft erreichen und Brasilien (4) aus dem Turnier werfen. Die Schweiz hat vier Punkte, Costa Rica ist bereits ohne Chance.

Der Druck würde eher auf den Südamerikanern liegen, betonte der 23-Jährige Mitrovic. Mit der Ausgangslage können die Brasilianer jedoch gut leben. "Wir haben gewisse Erwartungen kreiert und die führen eben zu Druck", sagte Rechtsverteidiger Fagner. Der fünffache Weltmeister ist in Pflichtspielen unter Trainer Tite immerhin ungeschlagen. In 23 Partien in der Regentschaft des 57-Jährigen insgesamt gewann Brasilien 18 Mal und ging nur einmal - in einem Freundschaftsspiel gegen Argentinien - als Verlierer vom Rasen.

Vor allem in der Defensive scheint die Selecao kaum zu überwinden. 17 Spiele in der Tite-Ära verliefen ohne Gegentreffer. Und vorne sollten Neymar, Gabriel Jesus und Philippe Coutinho immer für einen Treffer gut. Auch, wenn es wie beim 2:0 gegen Costa Rica bis in die Nachspielzeit dauert. "Unsere Gegner bereiten sich gut auf uns vor, aber je länger die Spiele dauern, desto mehr Chancen kreieren wir", wusste Fagner, der erneut den angeschlagenen Danilo ersetzen wird.

Dass sich Beobachter bei Brasiliens Auftritten in Russland an eine Telenovela erinnert fühlen, hängt indes mit Neymar zusammen. Dessen Tränen nach dem Sieg über Costa Rica sorgten in der Heimat nicht nur für positive Reaktionen. So schrieb die größte Tageszeitung "O Globo", dass seine emotionale Reaktion "verstörend" gewesen sei. Die Sportzeitung "Lance" wurde noch deutlicher: "Sein Problem ist kein physisches. Es ist der Kopf."

Denn trotz aller Egozentrik und Theatralik ist die außergewöhnliche Klasse Neymars noch immer unbestritten. In Erinnerung bleiben neben den Tränen am Ende aber seine Diskussionen und Schwalben. Seine schauspielerischen Einlagen überlagern im brasilianischen Team alles. Unter geht, dass der zweifache Torschütze Coutinho der bisher beste Spieler der "Selecao" bei der WM ist.

Tite nimmt Neymar bisher stets in Schutz. Auch seine Teamkollegen kritisieren ihren Ausnahmekönner nicht öffentlich. Thiago Silva zeigte sich nach der Costa-Rica-Partie jedoch "sehr enttäuscht", als ihn Neymar wegen eines Outeinwurfs maßregelte.

Gegen mitunter hart spielende Serben muss Neymar darüber hinaus aufpassen: Dem Superstar droht eine Sperre, nachdem er in der Gruppenphase bereits einmal mit Gelb verwarnt wurde. Bei einer zweiten Verwarnung sieht der Profi von Paris Saint-Germain das Achtelfinale nur von der Tribüne aus. Ein Schicksal, das auch Casemiro und Coutinho blüht.

Bei den Serben sind bereits sechs Akteure verwarnt, darunter neben Mitrovic auch Nemanja Matic oder Branislav Ivanovic. Torhüter Vladimir Stojkovic kündigte aber 400 Prozent Bereitschaft an: "Ich bin sicher, dass wir sie schlagen können. Wenn nicht jetzt, wann dann?"

Den Schweizern reicht ein Remis

Die Schweiz steht bei der Fußball-WM mit eineinhalb Beinen im Achtelfinale. Vor dem letzten Spieltag der Gruppe E reicht den Eidgenossen schon ein Unentschieden gegen die noch punktelosen Costa Ricaner zum Aufstieg. Selbst bei einer knappen Niederlage in Nischni Nowgorod wären die Schweizer am Mittwoch (20.00 Uhr) weiter, sollte Serbien im Parallelspiel gegen Favorit Brasilien nicht gewinnen.

Nach dem Wirbel um den umstrittenen Torjubel von Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka soll bei den Schweizern jedenfalls wieder das Sportliche im Vordergrund stehen. Die FIFA hatte am Montagabend Geldstrafen gegen die beiden England-Legionäre und Kapitän Stephan Lichtsteiner verhängt. Die befürchtete Sperre gab es für das Trio aber nicht. Die Schweiz darf nicht nur deshalb selbstbewusst in die Partie gehen.

Von den vergangenen 24 Länderspielen verlor Österreichs Nachbar nur eines. Dass ausgerechnet gegen die bereits gescheiterten "Ticos" ein Rückschlag erfolgt, wäre eine Überraschung. Teamchef Vladimir Petkovic beschäftigten deshalb auch Planspiele. Shaqiri ist ebenso wie Lichtsteiner oder Valon Behrami mit Gelb vorbelastet, eine Sperre in der ersten Runde der K.o.-Phase droht. Nicht beschäftigen wollten sich die Schweizer mit möglichen nächsten Gegnern.

"Wir müssen einmal das Spiel gewinnen. Und wir werden es gewinnen. Deutschland, Schweden oder Mexiko. Sie haben alle ihre Qualitäten", sagte Außenverteidiger Michael Lang. Der Basel-Profi verdeutlichte am Montag die Stimmung im Schweizer Team. "Wenn etwas passiert, wenn einer von uns attackiert wird, dann stärkt das die Gruppe", meinte er über die Doppeladler-Causa, die sich schließlich zum Wohlgefallen aller auflöste.

Dass diese nach tagelangen Debatten nun abgehakt ist, freute auch Ex-Teamchef Ottmar Hitzfeld, der wieder Konzentration auf das Wesentliche forderte. "Jetzt muss es wieder um Fußball gehen. Jetzt muss wieder die ganze Schweiz hinter der Nati stehen", betonte der 69-Jährige in der Tageszeitung Blick. Schließlich geht es darum, etwas zu schaffen, was der Schweiz schon seit 1954 nicht mehr gelungen ist: Das Viertelfinale blieb bei den jüngsten WM-Starts 1994, 2006 (jeweils Out im Achtelfinale), 2010 (Gruppe) und 2014 (Achtelfinale) außer Reichweite.

Dass die Schweizer Fehlstarts überwinden kann, zeigte die Elf von Trainer Vladimir Petkovic bereits. Gegen Brasilien und Serbien lag sie jeweils zurück, holte aber noch Remis und Sieg. "Wir haben schon gezeigt, dass wie zurück kommen können. Aber jetzt ist es Zeit, einmal vorzulegen", meinte Mittelfeldmann Gelson Fernandes vor dem Spiel gegen Costa Rica. Die Mittelamerikaner, bei der WM 2014 in Brasilien noch im Viertelfinale, spielen in Russland keine Rolle mehr. Immerhin wollen sie zum Abschluss zumindest einmal ein Tor schießen. Beim 0:2 gegen Brasilien verteidigte Costa Rica das Remis zunächst erfolgreich, kassierte in der Nachspielzeit aber die entscheidenden Gegentreffer.