"Wir haben eine Siegermentalität entwickelt, weil wir immer den Sieg suchen", bemerkte der Schweizer Teamchef Vladimir Petkovic.

"Wir sind ruhig geblieben, weil wir unsere Qualitäten kennen und nicht in Panik geraten", meinte Siegtorschütze Xherdan Shaqiri. Dass dies keine leeren Worte sind, zeigen die jüngeren Ergebnisse: Denn auch zum Auftakt kamen die Eidgenossen gegen WM-Titelfavorit Brasilien noch zu einem 1:1. Und bei der EM in Frankreich vor zwei Jahren schafften die Schweizer gegen Rumänien und Polen jeweils ebenfalls das Comeback.

Granit Xhaka, der mit seinem Weitschuss-Hammer zum 1:1 die Wende gegen Serbien eingeleitet hatte, lobte seine Elf in höchsten Tönen: "Diese Mannschaft hat mental einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Wir können gegen jeden Gegner reagieren." Am Mittwoch würde den Schweizern gegen Costa Rica wie Brasilien (beide 4 Punkte) bereits ein Remis reichen. Serbien (3) benötigt gegen den Rekordweltmeister hingegen einen Sieg.

Zusätzlich sorgte die Schweiz am Freitagabend für ein Novum. Im 26. Spiel der WM in Russland gewann erstmals eine Mannschaft nach einem Rückstand. Zuvor hatte Spanien gegen Portugal einen 1:2-Rückstand in ein 3:2 verwandelt, musste dem Nachbarn aber noch den 3:3-Ausgleich zugestehen.

Serben kritisieren Schiedsrichterleistung von Brych

Das Duell in Kaliningrad war lange Zeit ein ausgeglichenes. Aleksandar Mitrovic brachte die körperlich überlegenen Serben früh per Kopf in Führung (5.). Doch nach Xhakas Ausgleich war es die Schweiz, die den Sieg mehr suchte. Und diesen im Konter in der Schlussminute durch den zum "Man of the Match" gewählten Shaqiri auch fand. Dass die Schweizer Torschützen, beide mit Wurzeln im Kosovo, ihre Tore mit der Geste des albanischen Doppeladlers feierten, wurde weltweit rasch zum politischen Nebenthema dieses Spiels.

Die serbische Mannschaft, die ihr Heil vor allem in hohen Bällen auf die Hünen Mitrovic und Sergej Milinkovic-Savic suchte, schmerzte freilich mehr das Ergebnis. "Mit den Schweizer Spielern gab es kein Problem", sagte Nemanja Matic. "Nur mit dem Schiedsrichter gab es eines."

Auslöser des serbischen Unmuts war eine Strafraumszene nach gut einer Stunde, als Mitrovic im Kampf um den Ball gegen Stephan Lichtsteiner und Fabian Schär vergeblich Elfmeter forderte. Der deutsche Schiedsrichter Felix Brych entschied auf Foul des 1,89 Meter großen Sturmtanks und wurde daraufhin von serbischen Medien scharf kritisiert. "Der brutale Diebstahl von Brych", titelte die Zeitung "Sportski zurnal". Es sei "einer der schlimmsten Diebstähle bei den letzten Weltmeisterschaften. Eine Schande, wie sie schändlicher nicht sein kann."

Serbischen und russischen Medienberichten zufolge erwägt der serbische Fußball-Verband nun Beschwerde gegen Brych einzulegen. Bei der WM gab es bereits Beschwerden mehrerer Verbände über Schiedsrichter, Folgen hatten diese allerdings keine.