Viereinhalb Jahre ist Franco Foda im Amt. Nächsten Donnerstag könnte sich auch seine eigene Zukunft entscheiden. Bei einem Sieg im Play-off-Halbfinale in Wales lebt die Chance, Österreich als erster Fußball-Teamchef nach einer EM auch zu einer WM zu führen. Gelingt der Aufstieg in Cardiff nicht, läuft der Vertrag des 55-jährigen Deutschen beim ÖFB mit Monatsende aus. Die APA – Austria Presse Agentur bat Foda vor dem Showdown zum Interview.

Ist das bevorstehende Duell mit Wales das wichtigste Spiel Ihrer Teamchef-Karriere?
FRANCO FODA:
Es gab schon extrem viele wichtige Spiele. In den entscheidenden waren wir immer bereit. Daher gehe ich davon aus, dass wir das auch am Donnerstag sein werden. Im Moment sieht es wieder so aus, dass Corona zunimmt, deswegen müssen wir vorsichtig sein. Aber wenn alle Mann an Bord sind, haben wir gute Möglichkeiten, in Wales zu gewinnen.

Österreich war seit 24 Jahren bei keiner WM vertreten. Haben Sie das Gefühl, dass man in der aktuellen Konstellation so nah dran ist wie nie in dieser langen Zeit?
Eine schwierige Frage. Mein Vorgänger ist an der WM-Qualifikation zweimal gescheitert, da gab es allerdings nicht die Möglichkeit über Play-off-Spiele. Weil wir nur noch zwei Spiele haben, sind wir gefühlt nah dran. Klar geht es um Strategie, um einen guten Plan, um Taktik, aber solche Finalspiele werden oft auch im Kopf entschieden. Da geht es darum, an die eigenen Stärken zu glauben, sich im Spiel nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.

Welche Entwicklung sehen Sie bei Ihrem Team in den vergangenen Jahren? Was sind die Stärken, die man herausgearbeitet hat?
Man war immer unzufrieden, auch bei meinem Vorgänger am Ende. Da war der Tenor, man sei unflexibel. Ich kann nur betonen: Marcel Koller hat hier Toparbeit abgeliefert. Ich habe aber meine eigene Herangehensweise, wollte einfach flexibler sein, auch beim System. Das haben wir immer durchgezogen. Mir ist wichtig, dass wir Zugriff auf den Gegner bekommen. Entsprechend positioniere ich meine Spieler. Wir haben extrem viel Ballbesitz, das hat sich gegenüber der Anfangszeit geändert. Wir sind jetzt sehr aktiv, sehr dominant in vielen Spielen. Wir haben auch viele junge Spieler eingebaut.

Viele Spieler haben in ihren Clubs große Schritte gemacht. Diese Dichte hat man in der Form in Österreich lange nicht gesehen, vielleicht noch nie. Was ist Ihr Anspruch mit diesen Möglichkeiten?
Diese Argumente hat es auch schon vor der EM 2016 gegeben, dann ist man in der Gruppenphase ausgeschieden. Da hat die Öffentlichkeit auch geglaubt, man ist schon extrem weit und hat das beste Spielermaterial. Es ist so: Wir haben gute Spieler, aber es sind nicht immer alle fit oder im Spielrhythmus.

Wie gut sind Sie mittlerweile im Improvisieren?
Es wäre fast ein Wunder, wenn wir das erste Mal mit dem Kader arbeiten könnten, den wir nominiert haben. Ich hoffe es, das war bisher außer vor der EM aber nie der Fall. Wenn kurzfristig wichtige Spieler ausfallen, muss man seinen Plan ändern. Das gehört zum Trainerjob dazu, wir haben auch nie gejammert. Das Einzige, was mich gestört hat, war, dass es nicht mitbewertet wurde. Man hatte das Gefühl: Egal, wie viele Spieler fehlen, man hat trotzdem die gleiche Leistung erwartet. Das letzte Jahr war durchwachsen. Wenn wichtige Spieler ausfallen, hat man aber irgendwo einen Qualitätsverlust. Das ist nicht nur bei uns so. Wenn man Haaland wegnimmt, ist es eine andere Dortmunder Mannschaft – und auch Bayern ohne Lewandowski.

Sie haben sich nun vier Monate auf den Tag X vorbereitet, auf ein einziges K.o.-Spiel. Was war dabei die größte Herausforderung?
Wir haben uns auf zwei Finalspiele vorbereitet, jetzt haben wir nur eines. Durch diesen Krieg, den niemand will, und der eine komplette Tragödie für alle Menschen in der Ukraine ist, hat sich die Situation verändert. Klar ist es ein finales Spiel, wir müssen gewinnen. Wir wissen, was auf uns zukommt. Wir wollen, auch wenn wir auswärts spielen, selbst die Initiative ergreifen, aktiv sein. Das haben wir in fast allen Spielen gemacht.

Ihr Vertrag läuft bis Monatsende. Wie würde es aus Ihrer Sicht weitergehen, wenn der Aufstieg nicht gelingt?
Das ist für mich überhaupt kein Thema. Es geht jetzt um wichtigere Dinge als darum, was nach dem Spiel passiert. Das hat auch ein bisschen mit Respekt zu tun. Wir haben alle ein Ziel, nicht nur der Trainer und die Mannschaft, sondern auch Fans und Medien: Wir wollen alle zur WM, deswegen sollten wir uns auf das Spiel konzentrieren und nicht auf Nebensächlichkeiten.

Das eine Spiel wird aber möglicherweise darüber entscheiden, wie die vergangenen Jahre insgesamt wahrgenommen werden. Haben Sie das Gefühl, dass Sie von der österreichischen Öffentlichkeit ausreichend Wertschätzung und Respekt bekommen?
Sie wissen, dass ich wenig Medien lese. Wir sind das erste Mal in ein EM-Achtelfinale gekommen, haben uns qualifiziert und sind in der Nations League Erster geworden. Lassen wir einfach Fakten sprechen. Intern wissen alle, wie wir arbeiten, was wir tun. Das ist das Wichtigste. Jeder, der im Spitzenfußball tätig ist, weiß, was wir in den letzten Jahren geleistet haben. Aber wir leben ja in einer Demokratie, jeder kann seine eigene Meinung haben.

Wenn man die Hürde Wales nimmt, wären Sie am 1. April bei der WM-Auslosung in Katar – ohne zu wissen, ob man überhaupt qualifiziert ist. Wie ungewöhnlich läuft der Fußball im Moment?
Glauben Sie mir eines: Wenn wir gegen Wales gewinnen, fliege ich gerne nach Doha. Es ist einfach der Situation geschuldet, da hilft kein Lamentieren. Unser Ziel ist voller Fokus auf Wales. Es ist ein Spiel, da geht es um sehr, sehr viel. Für mich ist das Wichtigste, dass wir 90 oder 120 Minuten – oder vielleicht gibt es ein Elfmeterschießen – alles geben, um unser Ziel WM zu erreichen. Das wäre etwas Außergewöhnliches, etwas Historisches.

Können Sie sich grundsätzlich vorstellen, nach ihrer ÖFB-Tätigkeit auch wieder als Clubtrainer zu arbeiten, oder behagt Ihnen das Profil eines Nationaltrainers mittlerweile mehr?
Mir macht der Job extrem viel Spaß. Ich bin voller Stolz Nationaltrainer, auch wenn es zwischendrin mal unangenehme Phasen gab. Bei der EM war ein extremer Hype, zwei, drei Spiele später war es das genaue Gegenteil. Es geht sehr schnell in beide Richtungen. Als Nationaltrainer hast du wenige Spiele, darfst dir auch wenige Niederlagen erlauben. Ich bin lange genug im Job. Wenn wir gewinnen, bin ich nicht der, der durchdreht. Wenn wir nicht gewinnen, bin ich aber auch der, der die Ruhe bewahrt und sich immer auf das Wesentliche konzentriert. Das ist oft das Entscheidende heutzutage. Was danach ist: keine Ahnung. Wir Trainer können nicht lange in die Zukunft blicken, bei uns zählt immer die Gegenwart.