Leckerbissen war es keiner, den Österreich und Nordirland den 22.300 Zusehern im Ernst-Happel-Stadion boten. Begeisterung kam beim rot-weiß-roten Anhang nach Abpfiff dennoch auf. Immerhin hat das ÖFB-Team mit dem 1:0-Sieg den Nations-League-Gruppensieg in eigener Hand. Bei aller Kritik muss schon festgehalten werden, dass dieser Erfolg, auch in dieser Art und Weise, ein wichtiges Signal ist.

Ein Rückblick in den September zur 0:1-Niederlage in Bosnien: Damals meinte Sebastian Prödl, dass dies eine Lehrstunde gewesen sei, wie man es nicht machen sollte. Teamchef Franco Foda zog in diesem Lehrgang an den richtigen Schrauben. Alle wussten, dass Nordirland auswärts keineswegs interessiert daran ist, Fußball zu spielen. Über hohe Bälle nach vorne bzw. Standardsituationen probierten es die Gäste. Zwei Mal wurden sie genau dabei gefährlich. Die Österreicher verstanden es, in der Defensive fast durchgehend nichts zuzulassen, trotz der verletzungsbedingten Ausfälle der Leistungsträger Julian Baumgartlinger, Florian Grillitsch und David Alaba.

Entscheidend erwies sich die Geduld – vor allem auf dem katastrophalen Rasen, der ein attraktives Kombinationsspiel ohnehin im Keim erstickte. Der große Fehler, der in der Vergangenheit – u. a. in Bosnien – so oft gemacht wurde, blieb aus: nämlich das Spiel zwanghaft an sich reißen zu müssen und das Tor mit aller Macht erzielen zu wollen. Dabei passierte oft das Gegenteil. Man spielte dem Gegner in die Karten, lief ins offene Messer, wurde ausgekontert und stand am Ende ohne Punkte da. Frankreich darf sich Weltmeister nennen – mit Durchschnittswerten in allen wesentlichen Teamstatistiken wie etwa Ballbesitz. Aber die Kombination, defensiv kompakt zu stehen und die sich bietenden Chancen mit der individuellen Offensivklasse eiskalt auszunutzen, erwies sich als goldrichtige Philosophie. Österreich hat keinen Kylian Mbappe oder Antoine Griezmann in den eigenen Reihen. Marko Arnautovic ist aber nicht nur immer für ein Tor gut, sondern glänzt auch durch Effizienz. Dazu beherrscht Peter Zulj den tödlichen Pass.

Der echte Kapitän kehrt bald zurück

Arnautovic gebührt ohnehin Extralob, da er im Gegensatz zum Bosnien-Spiel als Kapitän abgeliefert hat. In die Kategorie unnötig darf die Diskussion darüber, wer die Schleife trägt, eingeordnet werden. Die Reaktion des 29-Jährigen nach dem 1:0, als er die Kapitänsschleife herunterriss und demonstrativ in Richtung VIP- bzw. Medientribüne streckte, bewies trotz aller Dementis, wie sehr ihn dieses Thema belastet hat. Nach seiner Abreise wird am Dienstag in Dänemark wohl Sebastian Prödl die ÖFB-Truppe auf das Feld führen. Im November kehrt wohl Standardkapitän Baumgartlinger, der nach einer Knieverletzung bald sein Comeback in Leverkusen geben wird, in den Kader zurück. Der 30-Jährige wird auch sehnsüchtig zurückerwartet – aufgrund seiner Qualitäten auf dem Platz und seiner Wichtigkeit als Führungsspieler, von denen es nach zahlreichen Rücktritten neue zu ermitteln gilt.

Foda sollte sich überlegen, Heinz Lindner, der bislang souverän agierte, als unumstrittene Nummer eins zu benennen. So macht es den Eindruck, als ob er nur auf einen Fehler gewartet wird, um einen Wechsel vollziehen zu können. Schafft es Foda auch noch, der zweiten Garnitur das Gefühl zu vermitteln, wichtig zu sein, steht weder dem Nations-League-Gruppensieg noch einer erfolgreichen EM-Qualifikation etwas im Wege. Vielleicht ja mit dem Motto: Attraktivität ist gut, Erfolg aber viel besser.