Samir Muratovic darf sich über einen Rekord freuen. Er ist immerhin der Einzige, der sowohl mit dem GAK als auch mit dem SK Sturm die Meisterschaft und den Cuptitel gewann. Seit 2004 lebt der gebürtige Bosnier in Graz und hat mittlerweile sogar die österreichische Staatsbürgerschaft. Muratovic arbeitet mittlerweile als Scout für den SK Sturm: „Ich habe gute Jahre beim GAK gehabt und ich wünsche mir auch, dass dieser Verein wieder in die Bundesliga kommt. Aber mein Herz gehört Sturm.“

Eigentlich wollte er in Graz auch für die Schwarz-Weißen spielen. Der Zufall brachte ihn zu den Rotjacken. „Ich habe in einem Zeitungsinterview gesagt, dass es mein großer Wunsch wäre, unter Ivica Osim bei Sturm zu spielen. Ein Berater hat mich dann schon nach Graz vermittelt, aber zum GAK. Der war mir unbekannt, aber es hat am Ende auch gepasst“, sagt der heute 42-Jährige, der seiner Heimat einmal pro Monat einen Besuch abstattet, lachend.

Die Bedeutung von Sturms legendärem Trainer unterstreicht auch Landsmann Muratovic. „Osim ist die die Nummer eins in Bosnien. Er ist ehrlich, korrekt und hat Ahnung von Fußball wie kein anderer. Er gleicht einem Computer. Osim ist eine Legende, ein wahrer Fußballgott“, sagt der Ex-Mittelfeldspieler, der sich auf die Nations-League-Begegnung zwischen Bosnien und Österreich am Dienstag (20.45 Uhr) in Zenica freut. „Das ist ein Duell meiner zwei Länder. Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust.“

In- und auswendig kennt Muratovic den bosnischen Fußball. Zwischen 1999 und 2014 bestritt der Edeltechniker 24 Länderspiel für die aktuelle Nummer 39 der FIFA-Weltrangliste. In dieser Zeit spielte er auch mit den beiden Aushängeschildern der heutigen Mannschaft. „Edin Dzeko und Miralem Pjanic sind die großen Stars. Sie können in jeder Mannschaft der Welt spielen. Dzeko war Torschützenkönig in Deutschland und Italien. Ihm darf man keine Chance lassen. Pjanic ist technisch überragend, hat ein top Spielverständnis und besticht durch seine super Freistöße und Torgefahr“, kommt Muratovic ins Schwärmen. „Was sie aber noch mehr auszeichnet, ist ihre Bodenständigkeit. Beide sind gute Freunde von mir und ich habe noch immer Kontakt mit ihnen.“

Das Problem für Bosnien: Dzeko (AS Rom, 32) und Pjanic (Juventus, 28) werden auch nicht jünger. Mit Vedad Ibisevic, Senad Lulic, Sead Kolasinac, Emir Spahic, Asmir Begovic oder Sejad Salihovic fehlen viele Leistungsträger von früher wegen einer Verletzung oder eines Rücktritts. „Wir haben zwischen 2010 und 2015 eine goldene Generation gehabt und uns für die WM 2014 qualifiziert. Dahinter klafft jetzt aber ein Loch“, erzählt der Familienvater, der die Gründe kennt. „Bosnien hat gute Talente und Fußball ist in Wahrheit der einzige Sport, der ausgeübt wird. Leider wird der Nachwuchs nicht gut gefördert. Das Geld fehlt. Es gibt nur eine schlechte Infrastruktur, weshalb auch der Klubfußball hinterherhinkt.“

Diesbezüglich blickt Muratovic neidisch nach Österreich. „Hier wird super gearbeitet. Jeder kleine Ort hat ein super Stadion. Österreich investiert viel in den Fußball. Die Resultate sind die logische Folge. Die kommen nicht von ungefähr. Der Nachwuchs ist super unterwegs und auch das A-Team spielt unter Franco Foda, der taktisch einer der besten Trainer ist, groß auf. Österreich ist Bosnien ganz weit voraus“, sagt Muratovic, der dem Spiel am Dienstag entgegenfiebert. „Bosnien hat zwar 2:1 in Nordirland gewonnen, aber das Spiel war ganz schlimm. Die Mannschaft war vielleicht fünf Mal über der Mittellinie. So unterlegen darf man vielleicht gegen eine Weltauswahl sein, aber nicht gegen Nordirland. Dieses Glück, so ein Spiel zu gewinnen, hat man nicht oft. Gegen Österreich wird das nicht reichen.“

Große Änderungen erwartet Muratovic für Dienstag nicht, „nur Salzburgs Darko Todorovic, der gesperrt war, wird in die Mannschaft rücken“. Das Publikum wird bei gleicher Leistung nicht begeistert sein. „Die Fans haben keine Geduld, nach zehn schlechten Minuten pfeifen sie“, verrät Muratovic, der einen Tipp abgibt. „1:1. Das geht aber nur, wenn sich Bosnien steigert oder Österreich auch so schlecht spielt. Das kann ich mir aber nicht vorstellen.“