Konkurrenzkampf. Ein Wort, das derzeit im ÖFB-Nationalteam allgegenwärtig ist. Trotz des Ausfalls von Kapitän Julian Baumgartlinger darf man ob des vorhandenen Talents durchaus von einer Toptruppe sprechen, die Teamchef Franco Foda zur Verfügung steht. „Es ist nicht so wie früher, dass vielleicht zwölf Spieler die Chance hatten, in der Startelf zu stehen und der Rest zum Urlaubmachen gekommen ist“, sagt Michael Gregoritsch mit deutlicher Kritik an Ex-Teamchef Marcel Koller. „Aktuell hat fast jeder, der dabei ist, Spiele von Beginn an gemacht. Es ist die Gabe eines großen Trainers, allen das Gefühl zu vermitteln, dass sie wichtig sind.“

Foda hat viel probiert und in den bisherigen sieben Testspielen mit sechs Siegen auch tolle Resultate eingefahren. Am Dienstag steigt aber mit der Nations-League-Partie in Bosnien-Herzegowina der Pflichtspielauftakt. Mit Heinz Lindner, Stefan Lainer, Sebastian Prödl, Martin Hinteregger, David Alaba, Florian Grillitsch und Marko Arnautovic dürften zumindest sieben Akteure systemunabhängig zum Stammpersonal zählen. Spieler wie Gregoritsch (Augsburg), Marcel Sabitzer (Leipzig) oder Valentino Lazaro (Hertha BSC) haben zu kämpfen. Da hilft es ihnen auch nicht, als absolute Leistungsträger in der deutschen Bundesliga zu gelten.

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Beim 2:0-Sieg über Schweden standen die drei Steirer nicht in der Startelf und durften nur als Teilzeitgehilfen mitwirken. Wohl auch deshalb, weil sie verletzungsbedingt den letzten Lehrgang im Mai und Juni verpassten. „Natürlich ist es ein Vorteil, wenn man immer dabei ist. Es ist aber eine Mentalitätsfrage. Wir müssen einfach alles reinwerfen im Training und auch in der kurzen Zeit, die wir spielen, damit der Teamchef nicht an uns vorbeikommt. So ist der Fußball“, sagt Lazaro, der in Berlin mit zwei Siegen perfekt in die Saison gestartet ist und sowohl rechts in der Vierer- als auch in der Fünferabwehrkette brillierte. „Das war ein sehr guter Start, aber wir wissen schon, dass wir nicht über die ganze Saison der Bayern-Jäger sein werden. Wichtig ist es, dass wir uns länger tragen lassen von der Euphorie. Genau das müssen wir im Nationalteam auch schaffen und mit einem Sieg in Bosnien dafür sorgen, dass der Spirit so positiv bleibt.“

Zwar wurde Marcel Sabitzer, der mit neuer Frisur und Bartwuchs auftritt („Es war Zeit für eine optische Veränderung. Der Bartwuchs hat ewig auf sich warten lassen, deshalb zeige ich die paar Haare, die ich habe, auch“), als Österreichs Fußballer des Jahres geehrt, aber im Nationalteam ist der 24-Jährige, der mit Leipzig nur einen Punkt aus den ersten beiden Bundesliga-Begegnungen einfahren konnte, noch nicht so richtig angekommen.

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Durchwachsene Leistungen und Verletzungsprobleme – der Steirer spielte zuletzt am 14. November 2017 beim 2:1 gegen Uruguay für Österreich – sorgten auch dafür, dass er trotz toller Darbietungen in Leipzig den letzten Qualitätsbeweis im rot-weiß-roten Trikot noch nicht angetreten hat. „Das letzte Jahr war etwas verseucht. Aber gegen Verletzungen kann man nichts machen. Ich will immer dabei sein, weil es das Größte ist, für Österreich zu spielen“, sagt Sabitzer, der zugibt, dass ihn die öffentliche Wahrnehmung belastet. „Die Österreicher sind mir nicht unbedingt gut gesonnen. Ich muss versuchen, sie durch gute Leistungen auf meine Seite zu bringen. Vielleicht habe ich unterbewusst eine Blockade, weil ich sehr kritisch gesehen werde.“

Dass es gegen Bosnien wieder nur zu einem Bankerlplatz reichen könnte, sieht der 29-fache Teamspieler nüchtern: „Der Trainer hat gewisse Vorstellungen und die wird er nicht großartig ändern. Ich weiß, was der Trainer will, und kann mich nur voll reinhauen.“

GAK-Allianz

Was ausgeschlossen werden kann, ist eine „Sonderbehandlung“ von Ex-Sturm-Trainer Foda, weil Sabitzer, Gregoritsch und Lazaro aus dem GAK-Nachwuchs stammen. „Diesbezüglich gibt es überhaupt keine Probleme“, sagt Gregoritsch, Augsburgs Rekordtorschütze in einer Saison (13 Tore), lachend, der heuer schon eine Partie seines Herzensvereins angeschaut hat. Das wollen auch Sabitzer („Das letzte Mal war ich vor drei Jahren dort. Ich halte ihnen aber die Daumen, dass sie weiter erfolgreich sind“) und Lazaro: „Hoffentlich kommen sie wieder in die Bundesliga, das wäre ein Traum, nach allem, was passiert ist. Das Derby gegen Sturm würde ich mir fix nicht entgehen lassen.“

Aber zuvor gilt die volle Konzentration dem Dienstag. Dann hat der Teamchef die Qual der Wahl. Egal, welche Startelf der Deutsche nominiert: Auf der Bank werden noch immer hochkarätige Wechseloptionen zur Verfügung stehen, die darauf brennen, mit Topleistungen den Ersatzstatus abzulegen. Der Konkurrenzkampf ist eröffnet.