Auf der Scheibe neben ihm hatte sich beim Medientermin eine Hornisse breitgemacht. Die "Hornets", so der Spitzname seines Clubs Watford, lassen Sebastian Prödl auch beim österreichischen Fußball-Nationalteam nicht los. Der Innenverteidiger hat in England eine Saison mit "Berg- und Talfahrt" hinter sich, wie er selbst sagt. Deren Ende verpasste Prödl infolge einer Lebensmittelvergiftung.

Nach zwei Wochen Zwangspause samt Antibiotika und einem Urlaub fühlt sich der 30-Jährige wieder voll bei Kräften. In den kommenden Wochen könnte eine wichtige Aufgabe auf ihn zukommen. In den hochkarätigen Testspielen gegen Russland (30. Mai in Innsbruck), Deutschland (2. Juni in Klagenfurt) und Brasilien (10. Juni in Wien) gilt es, die Abwehr zusammenzuhalten.

Prödl genießt das Vertrauen von Teamchef Franco Foda. Als einziger ÖFB-Akteur war er im März in beiden Testspielen gegen Slowenien (3:0) und Luxemburg (4:0) über die volle Distanz im Einsatz. Als gegeben nimmt er deshalb aber nichts hin. "Es geht darum, die Leistungen zu bestätigen. Ich sehe schon einen hohen Konkurrenzkampf", betonte Prödl am Samstag zum Auftakt des Teamtrainingslagers in Schwaz in Tirol.

Mit Martin Hinteregger, Aleksandar Dragovic, Kevin Danso und Kevin Wimmer stehen vier weitere Innenverteidiger im Kader. Dazu kommt Mittelfeldmann Stefan Ilsanker, der die Position gegen Slowenien bekleidete. "Selbst wenn wir mit einer Dreierkette weiterspielen, ist jede Position doppelt besetzt", erklärte Prödl, der zuletzt in der Zentrale so etwas wie den Abwehrchef gab. Dabei sah er aber auch seine Nebenleute stark.

Foda schätzt Prödls Art und Weise, zu kommunizieren. "Ich kenne den Franco seit zehn Jahren. Da hat immer das Leistungsprinzip gegolten, daran hat sich nichts verändert", sagte der Steirer, der unter dem Deutschen einst bei Sturm Graz den Durchbruch schaffte. Als einziger Spieler im aktuellen ÖFB-Kader war Prödl mit dem A-Team schon bei zwei Endrunden - der EM 2008 und 2016. Aus Fodas Aufgebot kann nur Marko Arnautovic (69) mehr Länderspiele vorweisen als der Grazer (66).

Die nächsten drei haben es allerdings in sich. "Es sind drei Freundschaftsspiele auf einem anderen Freundschaftsspiel-Niveau als wir es in letzter Zeit gehabt haben", meinte Prödl. "Gegen Russland haben wir vielleicht noch eine größere Chance, ein gutes Ergebnis zu erzielen. Aber eine Chance gibt es in jedem Spiel." Auch gegen Deutschland und Brasilien.

Ziel sei es, in der Nations League im Herbst bestmöglich vorbereitet zu sein. Dort warten mit Nordirland und Bosnien-Herzegowina Gegner, die laut Prödl eher auf dem aktuellen Leistungsniveau der Österreicher liegen als der Weltmeister und der Rekordweltmeister. "Aber wenn wir unser Level erhöhen wollen, müssen wir uns mit so guten Gegnern messen."

In der Premier League darf sich Prödl laufend mit den besten messen. Restlos zufrieden war er mit seiner Saison aber nicht. Nach einer Oberschenkelverletzung im Herbst verpasste er nach seiner zu spät erkannten Lebensmittelvergiftung auch noch die vier abschließenden Partien. "Es waren gute Spiele dabei, dann war ich verletzt und in machen Spielen auch nicht fit genug, um meine Leistung zu bringen", sagte der 1,94-Meter-Mann.

Immerhin bekommt er im Sommer Verstärkung aus der Heimat. Seine Cousine Viktoria Schnaderbeck wechselt von Bayern München zu Arsenal. Die Trainingsgelände der beiden Clubs liegen praktisch Zaun an Zaun. Prödl: "Wir werden wieder Nachbarn, das freut mich sehr." Den Transfer der ÖFB-Teamkapitänin in die starke englische Frauenliga bezeichnete er als "Riesenschritt".