Das Warten hat ein Ende: Marcel Koller bleibt Teamchef des österreichischen Nationalteams. Das hat der ÖFB heute Mittag via Twitter bestätigt. Der Schweizer hat damit das Angebot des Schweizerischen Fußballverbandes ausgeschlagen, Nachfolger von Ottmar Hitzfeld zu werden. Kollers neuer ÖFB-Vertrag läuft bis Ende der EM-Qualifikation, die im Herbst 2014 beginnt und Ende 2015 endet. Verläuft diese erfolgreich, wird der Vertrag automatisch bis nach der EM-Endrunde 2016 verlängert.

BREAKING: #Koller bleibt für zumindest zwei weitere Jahre #Teamchef des Nationalteams!

— ÖFB - oefb.at (@oefb1904) October 30, 2013

Koller möchte mit Österreich zur EM

"Dies war, auf den Fussball bezogen, die schwierigste Entscheidung, die ich in meiner Karriere treffen musste. Aber ich habe vor zwei Jahren das Projekt beim ÖFB begonnen und ich will es weiterführen", sagt Koller zu seiner Entscheidung. Marcel Koller möchte mit Österreich zur EM 2016 nach Frankreich. "Ich möchte der Mannschaft, dem ÖFB und der Bevölkerung das Vertrauen zurückgeben und dieses Team zur nächsten Euro führen."

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Der ÖFB hat den tagelangen Wettstreit mit der Schweiz - immerhin WM-Starter - also für sich entschieden. Sehr zur Freude von ÖFB-Präsident Leo Windtner: "Ich bin sehr froh, dass die Entscheidung für den Weg mit Marcel Koller gefallen ist. Der ÖFB steht für Kontinuität und diese ist mit dieser Entscheidung des alten und neuen Teamchefs gegeben. Ich sehe diese Entwicklung für die Mannschaft, aber auch für den ÖFB und unsere Fans sehr positiv. Wir werden mit voller Kraft die Qualifikation für das nächste Großereignis in Frankreich angehen und ich bin überzeugt, dass dieses Team unter seiner professionellen Führung sehr gute Chancen hat, die nächste EM Endrunde zu erreichen."

Trotz der gescheiterten WM-Qualikation hat sich Koller in den vergangenen Monaten bei den Fans in Österreich große Sympathien erarbeitet. Wie selten ein Teamchef zuvor. Mehr als 48.000 Leute unterstützten die Facebook-Gruppe "Marcel Koller soll Trainer des österr. Nationalteams bleiben". Auch die Teamspieler stellten sich geschlossen hinter den Teamchef: "Lieber Marcel hier spricht Dein Gewissen,dein Herz: Bleib doch noch zumindest für die kommende Quali bei den Österreichern...", schrieb etwa Marc Janko auf Facebook. Und es hat geholfen.

Junuzovic: "Positive Entscheidung für Österreich"

Teamspieler Zlatko Junuzovic erfuhr am Mittwoch von der Kleinen Zeitung von der Vertragsverlängerung Marcel Kollers. Der Legionär von Werder Bremen ist froh, dass die lange Ungewissheit ein Ende hat und freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Schweizer. "Es ist gut, dass jetzt endlich die Entscheidung gefallen ist und dass wir den Weg weitergehen. Es ist ein Zeichen für Konstanz und eine positive Entscheidung für Österreich."

Auch Klub-Kollege Sebastian Prödl findet Kollers Ja zu A gut. "Ich freue mich. Es ist nicht nur für uns Spieler gut, dass Marcel Koller weitermacht, auch Fußball-Österreich kann sich freuen. Es ist ein gutes Zeichen."

Harnik: "Steckt kein Söldnergedanke in ihm"

Für Stuttgart-Legionär Martin Harnik ist die Entscheidung Kollers eine "perfekte". "Man kann es ihm nur hoch anrechnen, dass er sich für Österreich entschieden hat. Es spricht für den Sportsmann Koller, dass er das Projekt, das er mit uns begonnen hat zu Ende führen will. Man hat gesehen, dass kein Söldnergedanke in ihm steckt. Das ist einfach eine sehr gute Geschichte für uns, denn es hätte jeder verstanden, hätte Marcel Koller sich entschieden künftig Teamchef in seinem Heimatland Schweiz zu sein", so Harnik zur Kleinen Zeitung.

Und auch Jakob Jantscher, der "Holländer" im ÖFB-Team, ist glücklich über Kollers Verbleib. "Das ist eine wichtige Entscheidung, weil mit diesem Trainerteam etwas aufgebaut wurde. Der bisherige Weg und die Leistungen waren ja sehr positiv. Und dass man nun diesen Weg weiterverfolgt ist toll", freut sich der Steirer im Dienste von Nijmegen.

Video: Rot-weiß-rote Fan-Unterstützung für Koller

Da sich Koller gegen einen wohl besser dotierten Vertrag bei der Nummer sieben der Weltrangliste und für die Nummer 53 im FIFA-Ranking entschied, bleibt dem ÖFB nun also das Szenario erspart, wieder bei Null beginnen zu müssen. Beim Amtsantritt des ehemaligen Schweizer Teamspielers im November 2011 war Österreich noch um 18 Ränge schlechter klassiert.

Vor seiner überraschenden Bestellung zum Nationaltrainer war der Schweizer zwei Jahre ohne Job gewesen - ein Grund mehr für viele einflussreiche Personen im österreichischen Fußball, diese Personalentscheidung heftig zu kritisieren. Die Skeptiker wurden aber eines Besseren belehrt, denn die Handschrift Kollers zeigte sich schnell.

Koller hauchte Team neues Leben ein

Die ÖFB-Auswahl wirkte unter Koller strukturierter, agierte mit koordiniertem Pressing und schnellem Umschaltspiel und konnte sich vor allem in Pflichtspielen stabilisieren. Dies hatte nicht nur mit einer klaren Spielphilosophie zu tun. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger legte sich der Schweizer schnell auf einen Stamm fest, Änderungen im Teamkader gab es zumeist nur wegen Verletzungen und Sperren.

Dies brachte den Vorteil, dass die Spieler genau über Kollers Vorstellungen bescheid wussten, allerdings auch den Nachteil einer mangelnden "Durchlüftung" durch frische Kräfte. Außerdem geriet der 52-Jährige durch seine Fixierung auf einen bestimmten Personenkreis in die Situation, Spieler einsetzen zu müssen, denen monatelang die Matchpraxis fehlte.

Diesen Umstand führte Koller selbst als möglichen Grund für das Verpassen des WM-Play-offs an - ebenso wie die Tatsache, zu wenig Zeit zum Arbeiten mit der Mannschaft zu haben. Langeweile ließ der akribische Arbeiter trotz des fehlenden täglichen Trainings aber nie aufkommen: Laut ÖFB-Mitarbeitern spulte Koller sehr oft 50-Stunden-Wochen im ÖFB-Büro ab, wo er an Matchplänen und Gegneranalysen tüftelte. Danach ging es am Wochenende auf Beobachtungstour in österreichische und vor allem deutsche Stadien.

Auch durch dieses Arbeitsethos wurde Koller für den Schweizer Verband oder den 1. FC Nürnberg interessant und schaffte, was nur sehr wenigen vor ihm gelang - seinen Marktwert während der Zeit als österreichischer Teamchef zu steigern.