Am Tag nach einem Länderspiel stellt sich der Teamchef traditionell noch einmal der Presse. Nachbetrachtungs-Pressekonferenz nennt sich das im Jargon des ÖFB. Auch am Tag nach dem Platzen des WM-Traums sollte nachbetrachtet werden. Sollte, denn nicht die Analyse der Niederlage gegen Schweden war an diesem sonnigen Vormittag in Stockholm das dominierende Thema, sondern die Zukunft von Marcel Koller.

Immer deutlicher rückt der Schweizer, dessen Vertrag mit dem ÖFB mit Jahresende ausläuft, in den Fokus des 1. FC Nürnberg. Der deutsche Bundesligist sucht ja derzeit nach einem neuen Trainer und geht es nach deutschen und Schweizer Medien, so haben ihn die Franken mit Marcel Koller bereits gefunden. "Wenn ein Lehrgang ist, bringt es nichts, über dieses Thema zu diskutieren", wollte sich Koller vor dem abschließenden WM-Qualifikations-Spiel am kommenden Dienstag auf den Färöern allerdings nicht zu den Spekulationen äußern. "Über das Telefon über solche Dinge zu reden ist schwierig." Und so dürfte das für ihn wohl sein Berater Dino Lamberti tun, der wie man aus ÖFB-Kreisen hört, das Pokerspiel zu seiner Leidenschaft erhoben haben soll. Aber pokert er gar zu hoch?

Gute Arbeit

"Es ist nicht alles offen, aber es ist noch nichts unterschrieben und nichts fix. Es sind einfach noch Dinge abzuklären", tat Koller dazu kryptisch kund. Nachsatz: "Sonst hätte ich ja schon unterschrieben." Sätze, die viel Interpretationsspielraum lassen.

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner macht aus seinem Herzen hingegen keine Mördergrube. Er würde gerne mit Koller weiterarbeiten. "Meine Aufgabe war es, die Arbeit von Marcel Koller zu qualifizieren. Das habe ich eindeutig gemacht. Die Qualität der Arbeit war sehr gut. Alles andere ist nicht meine Aufgabe."

Also liegt der Ball bei ÖFB-Präsident Leo Windtner. Aber auch der wollte sich nicht in die Karten blicken lassen - noch nicht. "Ich gehe davon aus, dass wir die Zeit nach dem Färöer-Spiel nützen werden, um die Dinge ins Reine zu bringen", sagte der starke Mann im österreichischen Fußballbund. Von Verhandlungen Kollers mit Nürnberg wisse er nichts. "Wir haben mit ihm einen exzellenten Trainer und einen laufenden Vertrag."

Doch was spricht eigentlich neben dem lieben Geld noch gegen einen Verbleib von Marcel Koller in Wien? Zum Beispiel die Tatsache, dass die Nationalmannschaft bis September 2014 - dem Beginn der Qualifikation für die EM 2016 in Frankreich - kein Bewerbspiel bestreitet (siehe Grafik), könnte bei weiteren Gesprächen über eine Vertragsverlängerung nicht förderlich sein. Koller liebt und braucht die Herausforderung.

Eine solche könnte freilich die kommende EM-Qualifikation sein, bei der sich erstmals 24 Mannschaft für eine Endrunde qualifizieren können. Denn ÖFB-Chef Leo Windtner hat stets fast gebetsmühlenartig betont, dass er 2016 in Frankreich zu den EM-Teilnehmer gehören möchte. "Bei diesem Turnier ist es fast Pflicht, dabei zu sein."

Mit oder ohne Marcel Koller.