Wie intensiv war für Sie und die Gewerkschaft die bisherige Corona-Pandemie?
GERNOT ZIRNGAST: Viel intensiver, als es zu Beginn abzusehen war. Die Auswirkungen des Virus auf den Fußball hatten wir so nicht erwartet. Mit der rasch geklärten Möglichkeit und Sicherheit aufgrund unseres Kollektivvertrags im Fußball, dem bisher einzigen im österreichischen Mannschaftssport, die Kurzarbeit auch im Fußball anwenden zu können, ergaben sich viele Fragen, die beantwortet werden mussten.

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Wie sehr liegt Ihnen der Fußball am Herzen?
GERNOT ZIRNGAST:Sehr – und daher war es auch schnell klar, dass in dieser Zeit der Krise alles getan werden muss, um den Vereinen schnell und unbürokratisch zu helfen.

Wie konnten Sie helfen?
GERNOT ZIRNGAST: Unsere Empfehlung für die Spieler war klar und eindeutig. Ohne Zustimmung zur Kurzarbeit, was mangels eines von den Vereinen unerwünschten Betriebsrates jeder Spieler individuell für sich entscheiden musste, würden viele Klubs den Shutdown wohl nicht überstehen. Da gemeinsam mit der Liga schnell Übereinstimmung herrschte, dass die Verträge der Spieler nicht gekündigt werden können, war wegen der hohen Insolvenzgefahr rasche Hilfe vonnöten.

Warum fordern Sie dann jetzt, die Kurzarbeit in der höchsten Spielklasse nicht zu verlängern? Könnte das den einen oder anderen Verein nicht in akute wirtschaftliche Bedrängnis bringen?
GERNOT ZIRNGAST: Die Bundesliga hat am Dienstag ihre Saison fortgesetzt und damit lukriert sie nicht nur wieder Einnahmen, sondern absolviert zehn Runden in knapp sechs Wochen. Für die Spieler bedeutet das Höchstbelastung und mit Sicherheit eine Arbeitswoche, die für die meisten von ihnen als Vollarbeitszeit zu sehen ist.

Das ist mit der Kurzarbeit nicht vereinbar?
GERNOT ZIRNGAST: Eine Fortführung der Kurzarbeit ist aus der Sicht der Spieler nicht mehr zu rechtfertigen. Wir sind überzeugt, dass dadurch kein Verein wirtschaftlich in Bedrängnis kommen wird. Zudem hatten einzelne Vereine mit den Spielern vereinbart, dass mit Wiederaufnahme der Meisterschaft auch die Kurzarbeit beendet ist.

Sie plädierten auch immer für eine Fortführung der Meisterschaft in der 2. Liga. Ohne Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit? Fehlt hier das Augenmaß?
GERNOT ZIRNGAST: Ja – das fehlt! Es fragt sich nur, bei wem? Ein Fußballverein ist da, um Fußballspiele auszutragen und das nicht beim ersten Gegenwind sein zu lassen und sich ohne Rücksicht auf die sportlichen Mitbewerber auf die Wartebank zu setzen. Ohne Fortführung weiter in Kurzarbeit zu bleiben und zuzusehen, wie 75 Prozent der Spieler ab 1. Juni ohne Vertrag dastehen und die restlichen 25 Prozent in Kurzarbeit sind, war für uns auch aus sportlichen Gesichtspunkten keine Option.

Und wirtschaftlich?
GERNOT ZIRNGAST: Natürlich muss es wirtschaftlich passen. Einsparungen wie die Verlegung des Spielbetriebs beim GAK, Unterstützung durch die Bundesliga und die Sponsoren sowie auch der Spieler dürfen nicht außer Acht gelassen werden, bevor man so eine tief greifende Entscheidung trifft. Das haben wir der Liga immer klar kommuniziert.

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Sind die Forderungen der VdF mit den Mitgliedern abgestimmt?
GERNOT ZIRNGAST: Absolut. Ich war ständig im Kontakt mit meinem Spielerpräsidium und wir haben unter Einbeziehung der Spielervertreter mehrmals Umfragen unter den Mannschaften durchgeführt. Daher war schnell klar, dass eine breite Mehrheit der Spieler die Saison zu Ende spielen will und auch dass die Spieler der zweiten Liga dafür auf Gehaltsbestandteile verzichten würden. Und deshalb empfehlen wir auch den Vereinen der 2. Liga, in Kurzarbeit zu bleiben, wenn es in ihrem und dem Sinne der Spieler ist. Wenn ich fast nur am Wochenende spiele und einmal täglich trainiere, dann ist eine Reduktion der Arbeitsstunden nachzuvollziehen.

Wird sich im Fußball durch die Krise etwas ändern? Etwa bei der Höhe der Gehälter oder bei Ablösesummen?
GERNOT ZIRNGAST: Ich denke, kurzfristig schon, aber in den höchsten Spielklassen mittelfristig nicht. Leider. Vor allem im höheren Amateurbereich hat die Coronakrise klar aufgezeigt, wo es krankt. Auch wenn es der ÖFB und viele Vereine noch nicht wahrhaben wollen und nach wochenlangem Schweigen wieder so tun, als ob eh nichts gewesen wäre. Wenn sich da nichts ändert und wir gemeinsam eine Lösung finden, dann wird es bald ein böses Erwachen und weniger Fußballvereine geben.

Was ist Ihre konkrete Forderung?
GERNOT ZIRNGAST: Amateure, die Fixa und Punkteprämien beziehen und nicht angemeldet und abgesichert sind, müssen endlich der Vergangenheit angehören. Ich glaube, mit dieser Krise haben viele Spieler das endgültig begriffen. Jetzt sind nur noch der ÖFB und die Landesverbände gefordert, nicht weiter die Augen zu verschließen und zu hoffen, dass es nicht kracht.

Werden wir heute in einem Jahr noch gleich viele Profi- bzw. Semiprofivereine in Österreich haben?
GERNOT ZIRNGAST: Ja! Der Fußball und seine Protagonisten sind stark genug, wenn sie wollen. Das zeigt auch die jetzige Fortführung der Meisterschaft und das wird auch diese Krise nicht verändern.