Am 4. Juli des Vorjahres war Ihre Mannschaft praktisch abgestiegen. Was hätten Sie damals gesagt, wenn man Ihnen in der kommenden Saison einen Platz in der Meistergruppe prophezeit hätte?
THOMAS SILBERBERGER: Ich hätte vermutlich gar nichts gesagt, weil ich mich verarscht gefühlt hätte. Das war damals der schlimmste Tag in meiner Trainerkarriere und die Leistungen dieser Saison waren damals noch undenkbar. 

Mit dem Ausscheiden von Mattersburg bekam die WSG eine zweite Chance. Wie sehr hat Sie dieser überraschende Verbleib in der Liga motiviert?
Wir wollten diese zweite Chance unbedingt wahrnehmen und haben deshalb gleich mehrere Transfers getätigt und uns von ein paar Spielern getrennt. Es kam einfach frisches Blut in die Mannschaft und bisher haben wir diese zweite Chance ja gut genutzt. 

Was hat sich sonst noch verändert? 
Mit den Transfers änderte sich natürlich auch unsere Spielanlage. Wir trauen uns jetzt zu, von hinten rauszuspielen und haben mit den Neuzugängen eine brutale Stabilität bekommen. 

TSV-Obmann Erich Korherr sagte, die WSG sei das Hartberg des Vorjahres, sehen Sie das auch so?
Zu 100 Prozent. Hartberg ist für mich eine Art Vorbild. Wir werden in diesem Jahr gleich wahrgenommen wie sie. Mit ihrem Aufstieg 2018 sind sie uns aber immer noch einen Schritt voraus. Sie sind ein unangenehmer Gegner, der gefühlt nie aufgibt, auch wenn er in Rückstand ist. Der Kampfgeist ist, denke ich, in ihrer DNA.

Wo sehen Sie Ähnlichkeiten?
Vom Budget her sind wir, denke ich, ähnlich aufgestellt und somit am unteren Ende der Bundesliga anzutreffen. Sie arbeiten wie wir sehr kontinuierlich und wir haben auch ein ähnliches Bild in der Öffentlichkeit. 

Sie sind seit 2013 bei der WSG, Markus Schopp seit dem Aufstieg in Hartberg. Ist das der Beweis, dass sich kontinuierliche Arbeit auf der Trainerposition auszahlt?
Definitiv. Bei uns wäre es letztes Jahr im Laufe der Saison ganz einfach gewesen, den Trainer zu entlassen und etwas Neues zu probieren. Auch bei Hartberg war das in der Aufstiegssaison schon einmal der Fall. Der Vorstand hat aber in beiden Fällen Weitblick bewiesen und die Trainer sind in beiden Fällen nie zur Diskussion gestanden. Diese Ruhe im Verein zahlt sich dann eben irgendwann aus.  

Mit knapp drei Jahren ist Ihr Gegenüber der längsdienende Trainer in der Bundesliga. Was sagt das über das Geschäft Fußball aus?
Dass es in diesem Teufelsgeschäft auch Ausnahmen gibt. Ich bin jetzt im achten Jahr und habe den Verein von der Regionalliga bis in die Bundesliga geführt. Es gibt also Ausnahmen und diesbezüglich sind sich die WSG und Hartberg sehr ähnlich. Ich vergleiche es oft mit dem SC Freiburg in der Deutschen Bundesliga. Dort darf Trainer Christian Streich seit neun Jahren ruhig arbeiten und keiner gibt sich unerreichbaren Zielen oder utopischen Träumen hin.

Apropos unerreichbare Ziele - Hartberg schaffte in der vorigen Saison die Sensation geschafft und ist in den Europacup eingezogen. Ist Träumen auch in Tirol erlaubt?
Natürlich! Träumen hilft den Menschen in schwierigen Situationen, aber der Europacup ist da schon noch zu weit weg. Ich träume von der Meistergruppe und da erwartet uns gegen Hartberg ein richtungsweisendes Spiel. Wenn wir gewinnen und die Wiener Austria verliert, sind wir bereits mit einem Fuß in der Meistergruppe. Gewinnt Hartberg, sind sie auch wieder voll dabei.


In diesem Jahr läuft es noch nicht ganz nach Wunsch in Hartberg. Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen?
Wir analysieren die Mannschaft natürlich über die ganze Saison und ich würde daher nicht sagen, dass es nicht so läuft. Sie spielen eine stabile Rolle in der Liga und haben noch alle Chancen auf die Meistergruppe. Man sieht aber, dass sie bisher schon frühe Gegentore bekommen und kaum in Führung gehen. Auch bei den erzielten Treffern sind sie nicht ganz vorne. Aber trotzdem kann man, gleich wie bei uns, nicht erwarten, dass es jedes Jahr in die Meistergruppe geht. Sie können bisher schon zufrieden sein.

Markus Schopp meinte öfters, dass die entscheidenden Situationen dieses Jahr oftmals nicht zugunsten seiner Mannschaft ausgefallen sind. Ist das bei Ihnen derzeit genau umgekehrt? 
Definitiv. Wir haben gegen den WAC, Rapid und den LASK gewonnen und das macht dann etwas im Kopf. In Graz haben wir außerdem trotz der Niederlage unsere beste Saisonleistung gezeigt. Diese Erfolgserlebnisse machen etwas mit einem und tragen massiv zu unserem Erfolg bei. Ohne Selbstvertrauen ist es immer schwierig. 

Trotzdem werden Sie den TSV wohl nicht unterschätzen. 
Warum sollte ich? In Hartberg läuft es gut. Wenn eine Mannschaft wie Rapid in so einer Position ist, kann man von einer Krise reden. Hartberg ist ein sehr stabiles Bundesligateam und mit drei Punkten mehr wären sie auch voll mit dabei im Kampf um die Meistergruppe.

Auf welche Spieler muss man besonders aufpassen?
Wir wissen, dass Hartberg in der Spieleröffnung phasenweise extremes Risiko geht. Vorne agieren sie teilweise mit vier Offensivspielern. Rajko Rep ist mit Sicherheit ein Unterschiedspieler, der immer wieder für Entlastung sorgt, da müssen wir höllisch aufpassen. Es ist einfach eine extrem spannende Mannschaft und in Hartberg hast du auch mit zwei Toren Vorsprung in der 80. Minute noch keinen Blumentopf gewonnen.

Was erwartet uns dann also für ein Spiel?
Es wird ein enges Spiel wie im Herbst. Da hatten beide Mannschaften ihre dominanten Phasen und hätten gewinnen können. Mit einem Sieg sind wir schon fast oben dabei. Gewinnt Hartberg, sind sie wieder auf Tuchfühlung. 

Gute Trainerleistungen wecken immer wieder Begierde. Wie sieht die Zukunft des Thomas Silberberger aus aus? 
Ich habe keinen fixen Karriereplan und freue mich derzeit einfach, dass es so gut läuft. Aber da ich kein Management habe, bin ich wohl für keinen größeren Verein interessant und das passt auch so. Ich bin jetzt acht Jahre in Tirol und kann mir auch noch weitere acht Jahre vorstellen.