Die zwei vorenthaltenden Elfmeter für den SK Sturm im Spiel gegen Salzburg am Sonntag haben vor allem im schwarz-weißen Umfeld für Ärger, Unverständnis und Kopfschütteln gesorgt. Für einige Anhänger heißt VAR ab sofort: "Viele Ahnungslose Referees" statt "Video Assistant Referee". Doch ganz so ahnungslos sind die Herren im Büro in Wien-Meidling gar nicht, kennen das Regelwerk besser als der durchschnittliche Fußball-Konsument. Im Spiel Salzburg gegen Sturm fungierte Harald Lechner als VAR, mit Petru Ciochirca als A-VAR, also als Assistent des VAR. Beide Herren sind FIFA-Schiedsrichter, beide kennen das Regelwerk genau.

Zweimal entschied Schiedsrichter Dieter Muckenhammer auf Elfmeter zugunsten des SK Sturm, beide Male nahm der Oberösterreicher seine Entscheidung nach Intervention des VAR selbst zurück.

Warum greift der VAR ein? Vier Situationen werden grundsätzlich stets überprüft. Tor, Strafstöße, Platzverweis und Identitätsfeststellung (siehe Info-Box). Kein Schiedsrichter muss der Anregung des VAR zustimmen. Muckenhammer hätte in beiden Fällen bei seiner Meinung bleiben können. Ist er nicht, weil seine erste Wahrnehmung in der Aktion eine andere war, als es die Bilder dann gezeigt haben.

Beim Handspiel von Nicolas Seiwald wäre nach Aussage von Ciochirca "vielleicht noch ein minimaler Grund für einen Strafstoß gewesen. Aufgrund der Position der Hand weg vom Körper. Aber regeltechnisch ist es klar und offensichtlich falsch, auf Elfmeter zu entscheiden. Bei Strafbarkeit muss eine Absicht erkennbar sein." Aber diese sei bei  Seiwald nicht erkennbar gewesen. Beim Handspiel durch Andreas Ulmer gibt es nach Ansicht Ciochircas "keine zweite Meinung: Das kann einfach nicht strafbar sein."

Nach Einschätzung Ciochircas hat Muckenhammer die Begegnung auch gut geleitet. "Er trifft ca. 400 Entscheidungen in diesem Spiel und nur zwei waren falsch. Das ist prozentuell gesehen eine sensationelle Leistung", sagt der Schiedsrichter-Kollege. Dass es ausgerechnet die beiden Strafraumszenen waren, sei aber doch bitter. Der VAR schreitet ein, wenn zwischen der Wahrnehmung des Schiedsrichters und den tatsächlichen Bildern eine Diskrepanz besteht, Ciochirca stellt aber auch fest: "Der VAR wird von den Vereinen bezahlt und sollte den richtigen Sieger ermitteln." Regeltechnisch wurde also alles richtig gemacht und Salzburg ist somit auch richtigerweise Sieger des Spiels.

Bei Sturm ist niemand glücklich mit dem Ergebnis. Trainer Christian Ilzer schäumte nach dem Schlusspfiff ob der beiden Entscheidungen. Geschäftsführer Andreas Schicker spricht ebenfalls von vergebenen Punkten: "Wenn du in Salzburg so nahe dran bist, zu punkten, sind diese Elfmeter-Entscheidungen für uns richtig bitter. Ich bin aber nach wie vor davon überzeugt, dass der VAR den Fußball viel fairer macht. Und wenn die Schiedsrichter am Ende des Spiels sagen: 'Wir haben gemeinsam richtige Entscheidungen getroffen', dann kann es dem österreichischen Fußball nur guttun. Dass es jetzt ausgerechnet uns getroffen hat, tut richtig weh."

Für Schicker hat die Mannschaft die beste Leistung im Jahr 2022 gebracht, auch wenn sie unbelohnt blieb. "Derzeit läuft bei uns nichts einfach. Aber wenn wir hart weiterarbeiten, wird sich der Erfolg einstellen", sagt der Obersteirer, der sich am Sonntag (14.30 Uhr) im Heimspiel gegen Austria Klagenfurt, das ganz im Zeichen einer Spendenaktion für die Kriegsopfer der Ukrainer steht, ein volles Stadion wünscht.