Nedeljko Malic traute seinen Augen nicht. Als er gegen Ende seines Urlaubs, in dem er buchstäblich total abgeschaltet hatte, sein Mobiltelefon wieder für sich selbst zugänglich machte, wurde er von Nachrichten förmlich überschwemmt. „Es waren sicher 50“, berichtet der langjährige Kapitän des SV Mattersburg. Der Fußballer, der sich zum Saisonende eigentlich von seinem „Herzensklub“ verabschiedet hatte, wurde von den für ihn höchst betrüblichen Neuigkeiten förmlich überrollt.

Durch den von der Finanzmarktaufsicht verordneten Betriebsstopp für die bis vor wenigen Tagen von „seinem“ Präsidenten Martin Pucher geführte Commerzialbank war plötzlich auch der vom Geldinstitut abhängige Fußballverein in Misskredit und in höchste Gefahr geraten. Es traf Malic wie ein Keulenschlag, auch wegen der Person des zurückgetretenen Klubchefs, gegen den nun Ermittlungen u. a. wegen Untreue laufen.

Malic kennt Pucher bestens

„Ich habe keine Ahnung, was da abgelaufen ist. Ich war völlig überrascht“, sagt Malic, der Pucher „persönlich sehr gut“ kennt und ihm solches niemals zutrauen würde. „Möglicherweise ist er ausgenutzt worden“, meint der 32-Jährige, der sofort versuchte, sich ein umfassendes Bild von der Sachlage zu verschaffen. Denn Malic könnte in den kommenden Tagen eine Schlüsselrolle im Verein zukommen.

Nach dem Rücktritt von Vizepräsident Richard Woschitz, dem es laut dessen Anwalt nicht gelungen war, „valides Zahlenmaterial“ über den Verein zu ermitteln, und der „keine Verbindung zur Commerzialbank“ habe, drohte der Verein führungslos in die Ungewissheit zu trudeln. Also wurde aus der allgemeinen Ratlosigkeit heraus Malic von Vereinsseite kontaktiert, ob er als Troubleshooter das Ruder in die Hand nehmen wolle.

Der studierte Techniker schritt umgehend zur Tat, um zunächst frische Geldquellen zu erschließen. Malic ist klar, dass dies alles andere als ein leichtes Unterfangen ist. „Es geht um die Anforderungen für die Lizenz, und der Ruf des Vereins ist einigermaßen beschädigt.“

Der Klub ist in Zeitnot

Allzu viel Zeit bleibt Malic und den Mattersburgern nicht, um den Klub so auf Vordermann zu bringen, dass er die Tauglichkeitsprüfung besteht. Denn es gibt Fristen. Der Senat 5 der Bundesliga benötigt bis Freitag dieser Woche exakte Angaben über die finanzielle Situation. Darüber hinaus muss der Klub einen offiziellen Ansprechpartner für die Liga auftreiben. „Wir brauchen rechtsverbindliche Aussagen“, sagt Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer. Es gehe auch um eine inhaltliche Prüfung. „Mein Ziel ist es, bis Anfang August Bescheid zu wissen, wohin die Reise geht“, meint Ebenbauer unter Verweis auf die Vorlaufzeit für die nächste Saison, die Mitte September beginnt.

Sollte Mattersburg es nämlich nicht schaffen, den Betrieb aufrechtzuerhalten, würden die Burgenländer aus der Bundesliga verschwinden. Die Bestimmungen sehen in diesem Fall vor, dass der eigentliche Absteiger, also WSG Tirol, in der Liga verbleiben würde. „Der sportliche Absteiger ist einem zweiten Aufsteiger vorzuziehen“, erklärt Ebenbauer. Nur wenn dieser die Voraussetzungen nicht erfüllen könne, gebe es zwei Aufsteiger, nämlich Austria Klagenfurt und SV Ried.

Malic, der übrigens auch versuchen wird, mit Pucher Kontakt aufzunehmen („Ich will wissen, wie es ihm geht“), würde freilich nicht fad werden, sollte es mit Mattersburg nicht mehr klappen. Zum einen hat der Herr Diplomingenieur zwei Projekte im Bereich der Windenergie am Laufen, zum anderen gibt es ein durchaus lukratives fußballerisches Angebot aus Dubai (VAE). Doch derzeit hat Mattersburg Vorrang. „Es geht ja nicht nur um einen Sportverein, sondern auch um Arbeitsplätze“, sagt Malic. Rund 150 Personen seien direkt betroffen.

Und was Martin Pucher betrifft: „Es gilt die Unschuldsvermutung. Man soll jetzt die Leute arbeiten lassen, die für die Ermittlungen zuständig sind.“