Nach der Niederlage des Jahrhunderts werden Köpfe rollen“ – „Ajax reißt Real das Herz heraus“ – „Es ist ein absolutes Fiasko, Real hat totalen Schiffbruch erlitten.“ Gewohnt hart und martialisch ging die spanische Presse mit Real Madrid nach dem Ausscheiden im Achtelfinale der Champions League gegen Ajax Amsterdam ins Gericht. Die Tatsache, dass das „Weiße Ballett“ an einem stark aufspielenden Team gescheitert war, verkam dabei zu einer Randnotiz.

Zumindest die Fans im Estadio Santiago Bernabeu verabschiedeten ihre Idole nicht mit dem erwarteten Pfeifkonzert, sondern hüllten sich eher in Schweigen – im Wissen, wem sie die vielen Triumphe, Trophäen und damit auch Glücksgefühle der vergangenen Jahre zu verdanken hatten.

Ein weiterer Grund für die Milde der Anhängerschaft dürfte aber auch der sein, dass der Großteil das Ende der erfolgreichen Ära schon seit Längerem hatte kommen gesehen. Die böse Vorahnung stützte sich auf folgende Kritikpunkte:

Verfehlte Transferpolitik

    Cristiano Ronaldo fehlt an allen Ecken und Enden – nicht nur seine Tore, wobei die natürlich den besten Beweis liefern: Mit dem Portugiesen traf Real zwischen 2009 und 2018 in der Liga im Schnitt bis zur 26. Runde 70,5 Mal. Ohne „CR7“ hat Real diese Saison nur 43 Tore auf dem Konto. Sein Abgang im Sommer zu Juventus Turin sollte im Kollektiv – durch Gareth Bale, Karim Benzema oder Marco Asensio – kompensiert werden, doch das misslang bisher. In Anbetracht der fehlenden Ronaldo-Tore schmerzt es die Fans umso mehr, dass Alvaro Morata und James Rodriguez im Jahr 2017 wenig vorausschauend abgegeben wurden. Und dafür wird Präsident Florentino Perez verantwortlich gemacht, der seit Jahren auf einen hauptamtlichen Sportdirektor verzichtet – mit der Begründung „Man braucht keinen, um die besten Spieler der Welt zu verpflichten“ – doch genau das tut Real Madrid eben seit Jahren nicht mehr.

    Das Trainerkarussell

      Auch der Rücktritt von Zinedine Zidane, unter dem dreimal en suite die Champions League gewonnen werden konnte, wurde nicht verkraftet. Schon die Bestellung seines Nachfolgers Julen Lopetegui im vergangenen Sommer sorgte für Unruhe – und im Oktober war dieses Kapitel bereits wieder geschlossen. Nach den drei Niederlagen (zweimal gegen Barcelona und jetzt gegen Ajax) innerhalb von nur einer Woche, durch die alle drei Titelchancen verspielt wurden, sind auch die Tage von Santiago Solari gezählt.

      Übersättigung der Spieler

        Nach den zahlreichen Erfolgen in den vergangenen Jahren wirken Eckpfeiler wie Luka Modric, Toni Kroos, Karim Benzema oder Dani Carvajal auf dem Platz ausgelaugt und übersättigt, Marcelo wurde gar zum Reservisten degradiert. Neue Hoffnungsträger wie Vinicius Junior (der 18-Jährige erlitt gegen Ajax eine Bänderverletzung und wird zwei Monate fehlen) oder Sergio Reguilon (22) benötigen noch Zeit.

        Interne Querelen

          Jedes Mal, wenn über eine schlechte Stimmung innerhalb des Teams spekuliert wird, fällt der Name Bale. Größter Kritikpunkt: Obwohl der Waliser bereits seit 2013 für Madrid auf Torjagd geht, spricht er kaum ein Wort Spanisch. Auch seine Aussage „Ich schaue lieber Golf als Fußball“ sorgte beim Team für Kopfschütteln. Neben Bale gilt auch Isco als Unruheherd.