Mit der APA - Austria Presse Agentur sprach der 56-jährige Niederländer im Trainingszentrum in Taxham über den Abgang von Stürmerstar Marc Janko, seine Landsleute bei der WM in Südafrika und darüber, dass Red Bull seinen Hauptfokus im Fußball in einigen Jahren auf Deutschland legen will.

APA: Sie haben mehrfach betont, dass die Mannschaft heuer weiter ist als im Vorjahr. Ist sie auch von der Qualität her darüber zu stellen?
Stevens: "Es ist zu früh, das zu sagen. Wir haben Spieler geholt, die kreativ nach vorne denken. Wir haben dadurch noch mehr Möglichkeiten, wir suchen aber weiter. Vorne gibt es noch Bedarf, weil wir einen Zickler und einen Janko verloren haben, und außerdem Nelisse länger ausfällt."

APA: Anders gefragt: Warum glauben Sie, dass diese Mannschaft heuer erstmals in der Red-Bull-Ära die Champions League erreicht?
Stevens: "Wir waren auch letztes Jahr ganz nah dran, dieses Ziel zu erreichen. Bestimmte Spieler waren aber noch nicht bei uns. Heuer sind wir einen Schritt weiter, haben durch die Europa League auch mehr internationale Erfahrung. Die jüngeren Burschen kennen außerdem jetzt das Trainerteam, das ist enorm wichtig."

APA: Mit Marc Janko hat einer der profiliertesten Spieler den Club verlassen. Ihr Verhältnis ist am Ende nicht gerade das beste gewesen. Ist mit seinem Wechsel nach Enschede beiden Seiten gedient?
Stevens: "Mein Verhältnis zu ihm war nie schlecht. Wir verlieren durch ihn bestimmte Qualitäten, aber aus seiner Sicht verstehe ich den Schritt ins Ausland. Als Trainer muss ich darauf achten, dass sich jeder Spieler verbessert. Das war am Anfang auch so, am Ende ist es mir bei ihm aber nicht mehr gelungen. Er hat dann auch nicht mehr diese Leistungen gebracht."

APA: Warum?
Stevens: "Das weiß ich nicht, Spieler sind verschieden. Dem einen musst du immer wieder auf die Schulter klopfen, dem anderen einen Tritt geben, um alles aus ihm rauszuholen. Das ist die Aufgabe eines Trainers. Mit einigen musst du viel reden, mit anderen wenig. Der eine braucht mehr Zeit, der andere weniger. Das ist gar nicht so einfach, Menschen sind verschieden."

APA: Warum sind die Niederlande eine gute Adresse für Janko?
Stevens: "Es ist ein sehr offensiver, technischer Fußball. Außerdem ist es nicht so körperbetont wie hier in Österreich, das kommt ihm sicherlich entgegen."

APA: Sie haben zuletzt das auch bei der WM häufig gebrauchte 4-2-3-1 gespielt. Ist das Ihr neues System oder haben Sie auch andere Varianten im Kopf?
Stevens: "Wir haben mehrere Optionen. Man muss das immer darauf abstimmen, welche Spieler man zur Verfügung hat. Defensive Mittelfeldspieler sind nicht nur defensiv, sie können sich auch in den Angriff einschalten. Ich bin nicht auf der Suche nach einem System, sondern nach einer Ordnung."

APA: Eigentümer Dietrich Mateschitz will seinen Hauptfokus im Fußball langfristig auf Leipzig legen, Salzburg soll eine Art Ausbildungsverein werden. Was bedeutet das für Ihre eigene Zukunft?
Stevens: "Das habe ich gewusst, das hat er mir schon bei unserem ersten Gespräch gesagt. Ich habe gefragt, was ich dann hier soll. Er hat in die Zukunft geblickt und geantwortet, dass die Idee auf fünf bis acht Jahre angelegt ist. Das ist so lange, ich weiß nicht, ob ich so lange überhaupt Trainer bin."

APA: Können Sie es sich vorstellen, auch in der deutschen Bundesliga für Red Bull zu arbeiten?
Stevens: "Das wird die Zukunft weisen. Ich weiß nicht, ob ich in vier Jahren noch für Red Bull tätig bin. Als ich im Vorjahr gekommen bin, habe ich für ein Jahr unterschrieben mit Option, jetzt bin ich noch zwei Jahre hier (Vertrag bis 2012/Anm.). Nachdem man einen Sportdirektor Beiersdorfer und neue Spieler geholt hat, habe ich gefunden, dass auch ich ein Zeichen für Kontinuität setzen muss, obwohl ich Angebote aus anderen Ligen gehabt habe."

APA: Was denken Sie, wird für den langfristigen Erfolg des Fußball-Projektes von Red Bull entscheidend sein?
Stevens: "Geduld und ehrgeizig bleiben. Und Red Bull muss derselbe Partner bleiben, der er bisher gewesen ist. In ganz Österreich, aber auch weltweit, kann man froh sein, dass Red Bull so viel für den Sport tut. Man spürt, dass sie etwas erreichen wollen."

APA: Bei der abgelaufenen WM haben die Niederlande das Finale erreicht. Macht Sie das stolz?
Stevens: "Ich habe zwar nichts damit am Hut, aber ja. Für so ein kleines Land ist es großartig, wieder einmal im Finale zu stehen und es den Spaniern dort taktisch sehr schwierig zu machen. Darauf kann man schon stolz sein. Spanien war der Turnierfavorit. Die Deutschen haben gegen sie nur reagiert, die Niederländer haben auch agiert. Das Spiel hätte auch anders ausgehen können."

APA: Verstehen Sie die Kritik, die es nach dem Finale für die harte Gangart gesetzt hatte?
Stevens: "Nein, da habe ich kein Verständnis dafür. Natürlich hätte man gegen De Jong Rot geben können, oder gegen Van Bommel und auch Robben die zweite Gelbe. Doch sie haben es den Spaniern taktisch sehr schwer gemacht. Ich finde aber, dass man sich nach so einem Spiel nicht über den Schiedsrichter äußern muss. Er war nicht gut, aber es hat auch Entscheidungen gegen Spanien gegeben."

APA: Welcher Spieler der Niederlande, aber vielleicht auch allgemein, war für Sie bei der WM herausragend?
Stevens: "Mark van Bommel war sehr gut, auch Torhüter Stekelenburg war gut. Van Bronckhorst hat eine gute WM gespielt, andere haben dafür nicht ihr Niveau erreicht. Einige Spieler sieht man nicht, weil sie sich ganz in den Dienst der Mannschaft stellen. Auch sie haben sich ein Kompliment verdient."

APA: Besteht die Möglichkeit, dass diesen Sommer noch ein WM-Spieler zu Red Bull Salzburg wechselt?
Stevens: "Ja, natürlich. Ich weiß aber nicht, ob wir diese Spieler auch bezahlen können, und ob sie nach Österreich wechseln wollen. Bei ganz großen Namen ist das schwierig, obwohl sich auch mit Mendes und Zarate zwei international anerkannte Spieler für uns entschieden haben. Ich habe Geduld, weiß aber nicht, ob auch Beiersdorfer und (Assistent Thomas) Linke so viel Geduld haben."