Sie bejubeln jede gelungene Aktion ihrer Lieblinge, pfeifen, wenn die gegnerische Mannschaft aus dem Ruhrpott im Ballbesitz ist. Mehr als 45.000 Bayern-Fans verfolgen in der Allianz Arena in München, der Heimstätte der Münchner, das Finale. Auf der Theresienwiese, wo sonst das berühmte Oktoberfest stattfindet, sind es circa 30.000. Trotz des nasskalten Wetters.

Auf dem Rasen allerdings duellieren sich nicht David Alaba und Co. mit den Kickern aus Dortmund. Dort sind nicht einmal die Tore aufgestellt, da liegt bloß ein rund 1,6 Kilometer langer Fanschal, den etwa 2000 Fans zur Unterstützung der Kicker im fernen London gestrickt haben.

Virtuell sind die Fans mit zwei riesigen LCD-Bildschirmen verbunden. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch, die Schlachtgesänge stehen denen ihrer Kollegen im 900 Kilometer weit entfernten Wembley-Stadion um nichts nach. Auch der Stadionsprecher lässt es sich nicht nehmen, die Bayern-Tore im gewohnten Ritual zu verkünden. Nur kurz nach dem Ausgleich der Dortmunder droht die Stimmung zu kippen. "Des is koa gmahte Wies'n", seufzt ein Teenager.

Als Arjen Robben das 2:1 schießt und wenig später der erlösende Schlusspfiff ertönt, gibt es kein Halten mehr. Alles steht kopf. Wildfremde Menschen liegen sich in den Armen, vielen schießen die Tränen ins Gesicht. "Ich war im Vorjahr bei der Niederlage gegen Chelsea auch im Stadion und es waren meine schlimmsten Momente als Bayern-Fan. Heute bin ich der glücklichste Mensch. Keiner hat es sich so verdient wie die Bayern", sagt die Münchnerin Maria.

Als die Vereinshymne "Stern des Südens" ertönt, nimmt sie ihren Mann Rudi in die Arme und tanzt zur Melodie. Die Bayern haben es geschafft. Endlich. "Da haut es mir den Gamsbart vom Hut", weint ein Ur-Bayer.

Die Erleichterung der Fans ist so groß, dass sie sich Platz machen muss. Erst rennen nur wenige auf den heiligen Rasen, dann werden es immer mehr. Schnell sind es so viele, dass die hilflosen Ordner kapitulieren.

Kurzzeitig droht die Situation im wahrsten Sinne des Wortes brenzlig zu werden. Fans zünden bengalische Feuer, der Stadionsprecher versucht, sie zu beruhigen. Doch die Fans hören ihm gar nicht zu. Zu groß ist die Freude. So groß, dass einige den Rasen küssen, einer gräbt den Elfmeterpunkt aus. Erst als der Sprecher mit einem Polizeieinsatz droht, löst sich der Pulk langsam, aber friedlich auf.

Im Laufe des Abends und der Nacht versammeln sich in der Leopoldstraße, der traditionellen Feiermeile in der Innenstadt, Zehntausende Fans im Freuden- und Biertaumel. Zu Spitzenzeiten sind es nach Polizeischätzungen 150.000. U-Bahn-Stationen müssen zeitweise wegen Überfüllung geschlossen werden. Männer in Lederhosen, anscheinend all ihrer Sinne beraubt, torkeln über die Straße. Immer wieder gehen Flaschen zu Bruch und fahren Polizeiautos durch die Menge. Zunächst meldet die Polizei aber keine besonderen Vorkommnisse. 50 Festnahmen lautet am Morgen danach die Bilanz. Und ein sogenanntes Dienstpferd der Reiterstaffel verletzte sich, als es in einen Nagel trat. Die feuchtfröhliche Party dauert bis in die frühen Morgenstunden. Erst gegen sieben Uhr putzen Räumfahrzeuge den letzten Fans hinterher.