Es hätte ohnehin eines kleinen "Fußball-Wunders" bedurft, damit die Niederlande doch noch zur EM-Endrunde kommen. Das 2:3 daheim gegen Tschechien, besiegelt noch dazu duch ein Eigentor von Robin van Persie, machte aber alle noch so kühnen Rechnereien zunichte. Fünf Niederlagen in zehn Spielen, da geht sich keine Endrunde aus.

Es ist nach der verpassten WM 2002 das zweite Mal in diesem Jahrtausend, das ein Großereignis ohne die "Elftal" über die Bühne geht. Das Wehklagen in Holland ist gewaltig, der freie Sommer, wenn just im Nachbarland Frankreich Europa seinen Sieger ermittel, so gar nicht erwünscht.

Der Spott ist groß, vor allem in Deutschland. "Ohne Holland, fahren wir zur EM" wird im Netz in allen Varianten gespielt, über die wohl die fehlenden Wohnwagenkolonnen rund um die Fußballstadien wird gewitzelt.

"Mitleiderregende Sportmannschaft"

Die Zeitungen gehen hart mit ihren "Oranjes" ins Gericht. "Der niederländische Fußball ist eingestürzt", erklärte Valentijn Driessen, Fußballchef der Tageszeitung De Telegraaf. Und "De Vokskrant" holt überhaupt zum Rundumschlag aus: "In der Arena vollzog sich die definitive Demaskierung der niederländischen Elf, als eine bittere Parodie auf Spitzenfußball, eine mitleiderregende Sportmannschaft, die auf einem Endturnier nichts zu suchen hat."

"Wir sind bestraft worden. Es ist vorbei", urteilte Wesley Sneijder. Nach dem Schlusspfiff schlich der Kapitän ganz allein über den Rasen, fasste sich an die Stirn, bedeckte irgendwann beide Augen. Ein gewaltiges Pfeifkonzert ergoss sich über die Spieler.

Wie kommt man wieder nach oben?


Dabei war es nicht die zweite Niederlage gegen die Tschechen allein, die die Endrunde kostete. 0:2 a auswärts und 0:1 daheim gegen das Sensationsteam aus Island, 0:3 in der Türkei - so kommt man nicht zur EM. "Mit Schamröte im Gesicht hat die niederländische Elf stilgerecht von einer vollkommen missglückten EM-Qualifikation Abschied genommen", urteilt das Amsterdamer Blatt Trouw.

Die Zeitung merkt an, dass das Tief, das den Klubfußball auf internationaler Ebene schon seit Jahren verfolgt, nun auch beim Nationalteam angekommen ist. Bleibt die Frage, wie man an die glorreichen Zeiten anschließen kann.

Blind will weitermachen

Trainer Dany Blind jedenfalls denkt nicht an Rücktritt. Obwohl der Ruf nach Konsequenzen logischerweise sehr laut ist. "Das ist eine Riesen-Enttäuschung. Das muss man runterschlucken und nach vorne schauen", forderte Blind in der Pressekonferenzu nach dem Spiel und ergänzte: „Ich habe es nicht geschafft, die Mannschaft zur EM zu bringen. Aber ich werfe mir nichts vor." Blind hatte das Amt des Bondscoach erst im Juli übernommen. Sportdirektor Bert van Oostveen lehnt einen Trainerwechsel ebenso ab wie er selbst auch seinen Stuhl nicht räumen will: "Wir müssen jetzt nicht weglaufen, sondern wir müssen jetzt neu aufbauen."

Generationswechsel

Klar ist: Die Ära von Sneijder, Arjen Robben, Robin van Persie und Co. scheint vorbei. Die Niederlande wollen jetzt den Schnitt fortsetzen und auf junge, neue Spieler setzen.

Der türkische Jubel

In der Türkei jubelte Teamchef Fatih Terim über die EM-Teilnahme, nachdem man sich 2012 nicht qualifiziert hatte. "Als Nation haben wir diesen Sieg benötigt, um glücklich zu sein, selbst wenn es nur wenige Stunden sind", meinte der 62-Jährige, der dabei auf das Selbstmordattentate in Ankara anspielte. Am Samstag waren bei einem Anschlag auf eine Friedensdemonstration mindestens 97 Menschen getötet und mehr als 500 weitere verletzt worden.

Nach dem Ausschluss von Gökhan Töre nach einem rüden Foul in der 77. Minute bangte die Türkei um ihr EM-Ticket. Inan sorgte mit seinem 25-m-Traumschuss aber noch für Jubel in Konya sowie im ganzen Land. Dabei war die Türkei nur mit einem Punkt aus drei Spielen in die Qualifikation gestartet. "Aber wir haben daran geglaubt, haben gekämpft und sind belohnt worden", meinte Kapitän Arda Turan.

Dank an Kasachstan

Die türkischen Zeitungen feierten am Mittwoch aber nicht nur ihr eigenes Team überschwänglich, sondern bedankten sich auch artig bei Kasachstan. Dank Kasachstans 1:0 gegen Lettland in Riga löste die Türkei die direkte EM-Fahrkarte. Für Kasachstan war es der erste Sieg im zehnten Gruppenspiel, schon bei einem Remis hätte Ungarn als bester Gruppendritter gejubelt.