Um 9 Uhr 20, also fünf Minuten zu spät, betrat der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) unter Blitzlichtgewitter Verhandlungssaal 303 des Wiener Straflandesgerichts. Er sollte Fragen im Verfahren gegen Ex-BZÖ-Politiker und Bundesliga-Vorstand Peter Westenthaler beantworten. Im Prozess geht es um eine Förderung in der Höhe von einer Million Euro, die laut Staatsanwaltschaft von Westenthaler zweckwidrig verwendet worden war. Westenthalter soll in der Saison 2003/04 mit der Million, die als Nachwuchsförderung für die Vereine der Bundesliga hinsichtlich der Europameisterschaft 2008 gedacht war, Schulden der damals finanziell angeschlagenen Bundesliga bei der Republik Österreich abbezahlt haben. Darauf habe er sich mit dem Bundesliga-Aufsichtsrat und dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser geeinigt. Die Schulden bei der Republik sind durch den Konkurs des FC Tirol entstanden.

Nichts gewusst

Der damals für Sport zuständige Schüssel will davon jedoch nichts gewusst haben. Auch nicht von den Schulden der Bundesliga. Ihm und der Regierung war klar, so Schüssel, dass nach der Zusage für die Euro im Jahr 2003 der heimische Fußball gefördert werden müsste. „Wir wollten uns bei der Euro ja nicht blamieren“, erklärt er. Die Förderung sei also „a gscheite Sache“ gewesen. Zumal wurde ohnehin genau überprüft, ob der Förderzweck erfüllt wurde. Ü?berhaupt stellt Schüssel den ganzen Prozess infrage. Westenthaler habe keinen einzigen Euro selbst eingesteckt, außerdem könnte dieser Prozess mehr kosten, als die Förderung damals ausgemacht hat, kritisiert der Ex-Kanzler. Schüssel habe mit Westenthaler und Grasser einmal über Details gesprochen, aber wirklich zuständig sei er nicht gewesen. Um solche Sachen habe sich stets Sportstaatssekretär Karl Schweitzer gekümmert. Auch dieser war heute als Zeuge geladen.

Bis 13:15 Uhr wird noch über die Bundesliga-Causa verhandelt, dann wird mit Verfahren gegen Wetsenthaler, in dem ihm illegale Parteienfinanzierung vorgeworfen wird, fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, von den Casinos Austria 300.000 Euro für ein de facto wertloses Gutachten kassiert zu haben.