Ein Sieg im Elferschießen ist immer ein wenig glücklich. Bis 1970 benötigten die Teams nach einem Unentschieden nach 120 Minuten aber echtes Glück. Bis dahin entschied nämlich ein Münzwurf oder das Los über Wohl und Wehe. Im Jahr 1968 kamen die Italiener gegen die UdSSR (0:0) durch einen Los-Entscheid ins Endspiel und wurden Europameister.

Unsportliche Entscheidung. Spätestens da platzte Karl Wald der Kragen. Der 52-jährige, gebürtige Frankfurter war zu diesem Zeitpunkt schon 32 als Schiedsrichter tätig und hegte schon seit jeher Groll gegen diese unsportliche Entscheidung. Ab Mitte der 60er Jahre tüftelte er daher an einer Ersatzlösung - dem Elfmeterschießen. Wald war von seiner Erfindung so beseelt, dass er sie verbotenerweise bei kleineren Pfingst- und Osterturnieren in Bayern testete. Der Zuspruch von Spielern und vor allem Fans bestärkten Wald darin, seine Idee weiterzuentwickeln und den Entscheidungsträgern vorzulegen.

Müseliger Kampf. Nach einem mühseligen Kampf gegen die Starrheit der Verantwortlichen schlug am 30. Mai 1970 Walds große Stunde. Am Schiedsrichter-Verbandstag in München erntete Wald mit seinen Ausführungen so großen Applaus, dass sich selbst der hartnäckige Präsident des bayerischen Fußball-Verbandes nicht mehr wehren konnte. Mit Beginn der Saison 1970/71 wurde in Bayern das Elfmeterschießen als Spielentscheidung eingeführt, mit Verzögerung schlossen sich DFB und Uefa und 1976 letztlich auch die Fifa an. Im selben Jahr wurde auch die EM zwischen der Tschechoslowakei und Deutschland im Elfer-Krimi entschieden. Der Elfmeter an und für sich ist aber eine britische Erfindung. In Irland wurde er erstmals 1891 als "penalty kick" im Regelwerk verankert.

Zu 77 Prozent ein Tor. So alt wie der Elfmeter ist auch die Diskussion darüber, wer dabei im Vorteil ist - der Schütze oder der Tormann. Hier geben Statistik und Physik eine klare Antwort: Um zu scheitern, muss der Schütze sehr viel falsch machen. Der deutsche Sportwissenschafter Roland Loy hat Daten aus 20 Jahren zusammengetragen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Schütze mit einer Wahrscheinlichkeit von 77 Prozent trifft. Und: Die Quote erhöht sich auf sagenhafte 99 Prozent, wenn der Elfmeter in mehr als 1,22 Metern Höhe Richtung Tor geht. Der Torhüter hat nur eine Chance, wenn er sich deutlich vor dem Schuss bewegt. Die meisten Elfer haben eine Geschwindigkeit zwischen 72 und 90 km/h. Der Ball ist dadurch innerhalb einer halben Sekunde beim Tor.

Kein Rampenlicht. So berühmt seine "Erfindung" geworden ist, Karl Wald blieb das Rampenlicht stets verwehrt. Fifa-Boss Sepp Blatter schickt dem 92-Jährigen zu Weihnachten zwar regelmäßig eine Karte - das war's dann aber auch schon. Stolz ist Wald auf seine Idee trotzdem: "Ich hatte immer das Gefühl, dass ich Recht habe."