Es gibt Tage im Leben eines Fußballers, nach denen schläft man gerne ein Stündchen länger. Nicht nur, weil sich die DFB-Truppe nach dem Rückflug von Klagenfurt nach Lugano erst gegen vier Uhr früh in ihrem komfortablen Hotel im Tessin in die Betten legen konnte. Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist, wird in der "Fledermaus" gesungen. Doch im Fall der Deutschen war das nicht möglich: das 1:2 gegen Kroatien ist in der Tabelle nicht auszulöschen und dass Michael Ballack und seine Kollegen dieses Resultat nicht vergessen, dafür sorgten schon die Journalisten.

An die Wand gespielt. Und auch die sportliche Leitung. Ob zu Mittag oder am Abend vor der Übertragung von Italien gegen Rumänien - die Pleite gegen die Kroaten war im deutschen TV das Thema Nummer eins. Klar, dass es bei der traditionellen täglichen Pressekonferenz mit Joachim Löw Fragen über Fragen zu den "beklagenswerten Minuten von Klagenfurt", gab, wie es ein TV-Reporter im Hinblick auf den Austragungsort formulierte. Die Sorgen, dass Deutschland das Viertelfinale verpassen könnte, sind nach der Darbietung von Klagenfurt am Donnerstag nicht ganz unbegründet. Mit technischer Raffinesse, rasanter Schnelligkeit und taktischer Phantasie hatte Kroatien den vermeintlichen EM-Favoriten regelrecht an die Wand gespielt.

Einmaliger Ausrutscher. Löw interpretierte den schwachen Auftritt als einmaligen Ausrutscher: "Es war ein Rückfall, der uns nicht aus der Bahn werfen wird", befand er. Nur wegen eines schwachen Spieles könne man plötzlich nicht alles in Frage stellen. Dass die Spieler die Kroaten möglicherweise unterschätzt hätten, davon habe er nichts mitbekommen: "Die Vorbereitung war genauso konzentriert wie immer." In Gesprächen mit den Akteuren wollte er der Sache dennoch auf den Grund gehen. Am Freitag jedenfalls Ursachenforschung angesagt, Samstage beginnt bei den Deutschen die Vorbereitung auf das Spiel gegen Österreich. "Da werden wir anders als gegen die Kroaten auftreten", versprach der DFB-Teamchef. Lob für die Hickersberger-Elf durfte nicht fehlen. Die braucht einen Sieg, Deutschland reicht zum Aufstieg ein Punkt.

Alte Geschichte. Doch mit Druck umzugehen, wäre die deutsche Mannschaft gewöhnt, das hätte sie in der Qualifikation gezeigt. Gegen Österreich zeichnet sich ein anderes Gesicht der Mannschaft ab. Einige (Philipp Lahm, Lukas Podolski, Marcell Jansen) sind angeschlagen, andere haben ihre Aufstellung nicht rechtfertigen können. Dass der ausgeschlossene Bastian Schweinsteiger lediglich für ein Spiel gesperrt wurde, zählte gestern zu den erfreulicheren Mitteilungen im deutschen Lager. Alles oder nichts heißt es jetzt gegen Österreich. Im Hinblick auf die Entscheidungspartie am Montag in Wien bemühte sogar das deutsche Fernsehen die alte Geschichte von Cordoba aus dem Jahre 1978: Mit Edi Finger jun., dem Krankl-Tor und dem "I-wer-Narrisch"-Original-Kommentar von Edi Finger sen.

Cordoba. Apropos Cordoba: Selbst Franz Beckenbauer, die Instanz im internationalen Fußball schlechthin, hält eine zweite Auflage nicht für ganz ausgeschlossen. "Nach dem Polen-Sieg habe ich gesagt: So müssen wir keinen fürchten. Nach dieser Niederlage gilt es umgekehrt: So müssen wir auch Österreich fürchten", analysierte der "Kaiser", der das 1:2 auf der Klagenfurter Ehrentribüne beobachtet hatte.