Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet jene Kroaten, die beim mageren 1:0 gegen Österreich keinen unbezwingbaren Eindruck hinterlassen haben, brachten den großen EM-Favoriten Deutschland zum Stolpern. Allerdings hatten die elf Burschen, die gestern am Platz waren, mit denen, die sich gegen die ÖFB-Elf abgemüht hatten, nur das rot-weiße Schachbrettmuster auf dem Trikot gemein. Kroatien glänzte durch ausgefeilte Technik, blitzschnelle Konter, Zug aufs Tor und Geradlinigkeit. Wohingegen die Deutschen wie paralysiert über den Platz irrten und so gar nicht wie die Autoren eines neuen Sommermärchens wirkten. Technische Mängel paarten sich mit Schwerfälligkeit und brachten einen unschönen Spross auf die Fußball-Welt.

Diesel-Fußball. Zu Beginn waren die Kroaten noch passiv, warteten ab. Nach rund zehn Minuten begriffen sie aber, dass die Löw-Truppe vor diesem Match nicht unbedingt Super getankt hatte, sondern wieder auf den Diesel-Fußball längst vergangen geglaubter Tage umgestellt hatte. In der 24. Minute war Goalie Lehmann das erste Mal chancenlos: Nach Traum-Flanke von Pranjic versenkte Srna das Leder unhaltbar. Kranjcar hatte zwei Mal die Möglichkeit, zu erhöhen, schoss aber einmal drüber (30.), und einmal rettete eine Lehmann-Glanztat (41.). Die größte Möglichkeit der Deutschen vor der Pause hatte Metzelder, dessen Kopfball nach einem Corner nur Zentimeter über die Latte strich. Da küsste Kroaten-Coach Slaven Bilic seinen Talisman, den er zuvor noch in der Sakko-Tasche versteckt gehalten hatte.

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Abstauber. Nach der Pause tauschte Jogi Löw den völlig überforderten Jansen für Odonkor aus. Allein, geholfen hat es nicht. Deutschland bemühte sich zwar um den Ausgleich, die handfeste Torchance wollte sich aber nicht und nicht auftun. Im Gegenteil - nach einer abgefälschten Flanke, die von der Stange zurückprallte, staubte Olic (62.) zum 2:0 ab. Da schien die Partie gelaufen. Doch wer die Deutschen kennt, weiß, dass sie niemals aufgeben. Und prompt brachte Podolski mit einem Volley (79.) die bis dahin chancenlose DFB-Elf zurück ins Spiel. Das 2:2 gelang aber nicht mehr, stattdessen sah Schweinsteiger im Finish Rot.

Siegzwang. So feierte Kroatien verdient ihren zweiten großen Erfolg gegen Deutschland nach dem 3:0 bei der WM 1998 und stehen damit sicher im Viertelfinale. Und auf Österreich warten im letzten Gruppenspiel Deutsche, die unbedingt gewinnen müssen.