Nahe dem masurischen Dörfchen Grunwald schlug einst im Juli 1410 ein polnisch-litauisches Heer den deutschen Ritterorden. Dieser Sieg über die Deutschen, der als "Schlacht bei Tannenberg" in die Geschichte einging, wird auch heute noch vor jedem bilateralen Fussballspiel eingefordert. In den Stadien singen die Fans die "Bogurodiza", das Lied über die Gottesgebärerin Maria, das die polnischen Ritter vor dem Kampf angestimmt hatten.

Absurd? Das Boulevardblatt "Fakt" aus dem deutschen Hause Springer zeigte nicht zuletzt deshalb diese Woche Leo Beenhakker, wie er als polnischer Ritter mit dem Schwert gegen "Ordensritter" Michael Ballack ausholt. Dass ausgerechnet eine von deutschem Kapital gestützte Zeitung in Polen gegen Deutschland die Klinge führt, ist nur auf den ersten Blick absurd. Denn ganz anders als der heutige Mythos Grunwald bzw. Tannenberg war die Schlacht im späten Mittelalter keineswegs eine Auseinandersetzung von zwei jeweils homogenen Völkern. Auf Seiten der Ordensritter stritten Polen, auf Seiten des polnischen Königs Wladyslaws II.

Beenhakker wütend. Jagiello und des litauischen Großfürsten Vytautaus Alexander waren auch Deutsche und Tartaren im Einsatz. Und so ist es auch am Freitag auf dem Spielfeld - unter den deutschen Farben Schwarz-Rot-Gold treten die polnischstämmigen Spieler Klose, Podolski und Trochowski gegen den Ball, während die meisten Mannen der polnischen Elf ansonsten im westeuropäischen Ausland spielen. Ihr Trainer, der Holländer und Weltenbummler Leo Beenhakker hält nichts von den nationalistischen Tönen. Das Titelbild des polnischen "Super Express", wo der polnische Teamchef auf einer Montage zwei abgehackte Köpfe von Löw und Ballack hält, machte ihn wütend.

Aufregung. Er distanzierte sich sofort aufs Schärfste davon. Und nicht nur Beenhakker war erzürnt. "Das ist nichts was wir uns wünschen", so der Sprecher der europäischen Fußball-Union (UEFA), Robert Faulkner, am Donnerstag. "Noch nie haben wir gegen die Deutschen im Fussball gewonnen", erklärt der Journalist des Senders TN24, Marek Przybylik, das Verhalten der Zeitung, darum seien auch die Aufregungen vor dem Spiel so groß. Dass Deutschland 1939 Polen überfallen hat und damit den 2. Weltkrieg auslöste, ist wohl nur ein weiteres Mosaiksteinchen im gespannten Verhältnis der beiden Länder.

Unterstützung. Emotionale Unterstützung erhalten die Polen diesmal von England. Das Team von der Insel konnte sich für diese EM nicht qualifizieren, durch die vielen polnischen Arbeitsemigranten, haben britische Fans und auch die Medien beschlossen, Weiß-Rot bei der Euro anzufeuern.