Schon am Münchner Hauptbahnhof ist klar: Das ist kein normaler Bundesliga-Samstag in der Weißwurstmetropole. "Ooooli" brüllt Bahnsteig zwei, "Kaaaaaaahn" antwortet Nummero drei. Drei Stunden vor dem letzten Auftritt des erfolgreichsten Bayern-Torhüters aller Zeiten trägt in der Innenstadt beinahe jeder ein Trikot des deutschen Rekordmeisters. "Mich kriegt hier keiner mehr weg", macht es sich ein Herr Mitte vierzig, ebenfalls dekoriert in Rot-Weiß, am Viktualienmarkt gemütlich. Schließlich gibt es hier bei der Meisterfeier am Abend 13.000 Liter Freibier.

Angerichtet. In der Arena ist auch alles angerichtet für das große Abschiednehmen. 70.000 Fähnchen stehen auf den Sitzen, aus den Lautsprechern dröhnt "Dieser Kahn ist nicht zu stoppen". Max, ein großer Kahn-Fan, mit eigenem "King Kahn"-Shirt bringt das nicht aus der Ruhe. Konzentriert bereitet er sich auf die letzten 90 Bundesligaminuten seines Idols vor.

Tag der Abschiede. Überhaupt ist es der Tag der Abschiede. Denn neben Kahn verlässt auch Erfolgstrainer Ottmar Hitzfeld den FC Bayern. Schon bei der Blumenübergabe brechen alle Dämme und der sonst so nüchterne Hitzfeld weint sich an der Schulter von Manager Uli Hoeneß aus. Auch Schiedsrichter Markus Merk weint, er pfeift sein letztes Spiel in der Bundesliga. Nur Kahn bleibt konzentriert.

Gala am Rasen. Mit Anpfiff ist es mit den Rührseligkeiten aber vorbei. Die Bayern zaubern eine Gala auf den Rasen, führen zur Pause gegen Hertha durch zwei Toni-Tore und eines von Frank Ribery bereits 3:0. Kahn konnte dabei schon einmal üben, wie das in der Fußball-Pension so ist, mit dem Nichtstun.

Tor juckt Kahn nicht. Erst in der 67. Minute muss er unter frenetischem Jubel erstmals die Fäuste hochnehmen. Und nicht einmal der letzte Gegentreffer seiner Karriere in der 84. Minute juckt Kahn wirklich.

"Titan" wankt. Kurz vor Schluss (Bayern siegte 4:1) ist dann Schluss mit Oli. Hitzfeld nimmt Kahn vom Platz. Jetzt wankt der Titan, als er sich bei allen mit einer Umarmung verabschiedet, aber er fällt nicht. Nur als Ribery dem Stadionsprecher das Mikro entreißt und die 70.000 zu Kahn-Sprechchören animiert und Kahn sein letztes Trikot mit Schiedsrichter Merk tauscht, glänzen die blauen Augen bis unters Dach der Arena - der Kahn ist vor Anker gegangen.