Österreichs Fußballteam war noch in der jüngsten Vergangenheit keine Zukunft beschieden worden. Die Gegenwart bietet unvermittelt ein anderes Bild, das Spiel gegen Deutschland lieferte ungeachtet des 0:3 Argumente für die Chance eines positiven Euro-Verlaufs. Dass die Tore ausschließlich der Gegner erzielte, zerstörte den Gesamteindruck, bietet aber Gelegenheit für eine nüchterne Betrachtung mit Blickrichtung EM-Endrunde.

Reaktionen

System. Die offensive Spielanlage ließ am Mittwoch die Deutschen geraume Zeit schlecht aussehen. Teamchef Josef Hickersberger stemmt sich aber gegen den Begriff. "Es gibt kein richtiges System. Ich bin abhängig von den Spielern, die mir zur Verfügung stehen." Daher ist die Ausrichtung eine flexible. Auch die Variante mit Viererkette und/oder nur einer Sturmspitze hält sich Hickersberger offen. "Ich bin kein System-Apostel." Personell gibt es Alternativen, zumal auch einige Akteure wie u. a. Schiemer, Gercaliu, Kuljic und Garics nicht zur Verfügung standen.

Generationswechsel. Die Mannschaft präsentierte sich gegen die Deutschen besonders motiviert, was in der Natur dieses Gegners liegt. Sie trat aber auch überraschend selbstbewusst auf, wie es der zurückgekehrte Emanuel Pogatetz gefordert hatte. Allerdings ließ das Verhalten beim Abschluss zu wünschen übrig. Dies gilt für die beiden sonst starken Stürmer Martin Harnik und Roland Linz, aber auch für den ebenfalls sehr aktiven Christian Fuchs. Ohne Zweifel fehlt es an Erfahrung, was unweigerlich wieder zur Diskussion um Ivica Vastic führt. Der Teamchef stellt aber die Frage in den Raum, ob mit dem Lask-Routinier so ein Pressing wie gegen Deutschland möglich sei. "Sind wir bereit für Veränderung?" Vastic wird aber laut Hickersberger weiter beobachtet. "Ich werde niemandem die Tür zuschlagen." Die Mittwoch-Partie ist aber eher als Indiz für den Vollzug des Generationswechsels zu werten. Nicht zuletzt vermutet auch der Nationaltrainer einen mentalen Aufschwung. "Die Spieler haben jetzt gemerkt, dass bei der Euro etwas möglich ist", meinte Hickersberger.

Fitness. Die Österreicher ließen sich auf das Wagnis eines nicht nur für ihre Verhältnisse ziemlich hohen Spieltempos ein. Dies führte in der zweiten Hälfte allerdings zu einem radikalen Abbau der Kräfte. Die kurze gemeinsame Vorbereitung und die Tatsache, dass die Meisterschaft erst wieder einsetzt, werden als Erklärungsversuche herangezogen. Hickersberger fordert aber auch den Geist heraus und mahnt Spielintelligenz ein, zum Beispiel wiederholte Rhythmuswechsel, um auch Erholungsphasen zu bekommen. Ob der Kraft-Mangel bis zur Euro behoben werden kann, ist vorerst ungeklärt, aber die kollektive Euro-Countdown für die Bundesliga-Spieler startet einen Monat vor dem Turnier.

Publikum. Die Fans müssen noch das Fairness-Prinzip erlernen, wie die Pfiffe bei der deutschen Hymne zeigten, erwiesen sich allerdings im Spiel als treue Partner der Heim-Mannschaft, was Hickersberger zum Sonderlob anregte. "Sie haben das Team bis zum Schlusspfiff angefeuert." Den Auftritt der Zuschauer schon als EM-Euphorie zu interpretieren, wäre eine glatte Übertreibung, aber ein kleines Vorspiel bekamen auch die Kicker serviert. "Bei der EM geht die Post ab." Vorher kommt zum Beispiel die Niederlande, am 26. März.