Herr Calmund, Sie kommen gerade aus Asien zurück. Was bringen Sie nach Europa mit?
RAINER CALMUND: Die Erinnerung an das gute Essen in Thailand und Vietnam. Ich esse ja gerne gut. Dann die Kultur dazu, der Buddhismus, das hat mich schon immer fasziniert. Vor allem schätze ich die unglaubliche Freundlichkeit.

Werden die Euro-Gäste in Österreich auch freundlich empfangen? Derzeit gewinnt man den Eindruck, dass die Menschen sich davor fürchten, Horden würden über das Land hereinfallen.
CALMUND: Ich halte das für völlig überzogen. Ich war bei der WM beim Spiel Deutschland gegen Polen, mit einer halben Million Menschen, darunter 80.000 Polen. Es wurde ein Superfest. Natürlich hat es 200 Störenfriede gegeben, aber das hat die Polizei im Griff gehabt. Auch die Kroaten waren in Deutschland, es blieb alles friedlich. Man braucht keine Angst zu haben. Bei der Freundlichkeit mache ich mir keine Sorgen. Die Österreicher kriegen das in die Wiege gelegt.

Die Euro-Begeisterung lässt auf sich warten. Kommt sie?
CALMUND: Das war in Deutschland bei der WM auch nicht anders. Die Euphorie geht los, wenn die Teams anreisen und die Spiele beginnen. Dann ist jeder Einzelne EM-Botschafter. Und weil immer Vergleiche zwischen Österreich und der Schweiz gezogen werden: Beim Public Viewing ist Österreichs nicht zu schlagen.

Und was trauen Sie Österreichs Nationalmannschaft zu?
CALMUND: Da haben die Schweizer die Nase vorn. Für die Österreicher kommt die EM zu früh, aber sie sind auf dem richtigen Weg, das hat die U-20-WM gezeigt. Man darf nicht in den Fehler verfallen, die Jungen ins A-Team zu reklamieren. Das ist eine andere Sportart, bei einem solchen Turnier ist vor allem Erfahrung nötig. Die Chance, das Viertelfinale zu erreichen, liegt bei maximal 25 Prozent. Dieser Umstand muss allen klar sein. Ich habe viele Spiele als 20-Prozent-Außenseiter gewonnen, aber auch als 80-Prozent-Favorit verloren.

Welchen Sinn sehen Sie im Länderspiel der Gruppengegner Österreich - Deutschland?
CALMUND: Allgemein wird die Ansicht herrschen, es wird eines dieser typischen Freundschaftsspiele. Aber die Rivalität, die Emotionen, diese Hassliebe zwischen den Nachbarn können ein sehr interessantes Spiel zur Folge haben.

Welche Rolle wird Deutschland bei der Euro spielen?
CALMUND: Deutschland ist Mitfavorit, hat aber seit 1996 kein EM-Finalspiel gewonnen. Bevor sie jammern, sollen sie in einem 30.000er-Stadion siegen. Dann können sie über Basel oder Wien reden.