Für Luis Suarez ist die WM nach der Biss-Attacke gegen Giorgio Chiellini zu Ende, seine Teamkollegen haben zumindest noch ein Spiel vor sich: das Achtelfinale gegen Kolumbien (22 Uhr, live, ORF eins). Uruguays Verband, die Spieler und Fans sehen in der Rekordsperre von neun Spielen für Suarez eine himmelschreiende Ungerechtigkeit der FIFA. Bei seiner Rückkehr nach Uruguay wurde der Stürmerstar euphorisch gefeiert, auch zu Hause in Montevideo ließ er sich feiern und winkte mit seinen beiden Kindern am Arm den Fans (siehe Bild oben & Video unten) von seinem Balkon aus zu. Wohl zumindest ein wenig Balsam auf die Wunden der Familie von Suarez: "Fragt die FIFA, wie es uns geht. Es geht uns schlecht, sie sollen sich vorstellen, sie wären an unserer Stelle", sagte der "sehr bekümmerte" Vater des 27-Jährigen.

Sogar für Biss-Opfer Chiellini fiel die Strafe zu hart aus. Grund genug, dass auch Uruguay-Trainer Oscar Tabarez in einem fünfzehnminütigen Monolog am Freitag bei einer Pressekonferenz zum Rundumschlag ausholte: "Rücksichtslos" sei das Verhalten der FIFA. Und auch Diego Maradona stellte sich hinter Suarez: "Eine unfaire Strafe, ein unglaubliches Mafia-Ding."

Anders als Argentiniens Ikone hält Brasiliens Idol Pele die Strafe von Suarez hingegen für korrekt. "Die Entscheidung der FIFA war gut, sie war richtig, weil man ein Beispiel geben muss. Wenn dieses Beispiel nicht am Anfang gegeben wird, dann kann sich das (Attacken wie von Suarez) verbreiten", sagte der 73-Jährige.

Kolumbien im Kommen

Es ist also keine Überraschung, dass die Uruguayer vor dem heutigen Achtelfinalduell gegen Kolumbien in den "Jetzt erst recht"-Tenor fallen und auf dem Platz "Rache für Suarez" fordern. "Uns kann nichts stoppen", sagte Kapitän Diego Lugano. Die Lücke, die der Liverpool-Legionär hinterlässt, kann niemand füllen. Diese undankbare Aufgabe fällt nun dem 35-jährigen Diego Forlan zu, der die kolumbianische Abwehr gemeinsam mit Edinson Cavani aushebeln soll.

Aufseiten der Kolumbianer will man die Strafe nicht kommentieren, die Enttäuschung über das Fernbleiben von Suarez dürfte sich aber in Grenzen halten. Zumal auch die "Cafeteros" ihren Superstar vorgeben müssen - und das für die gesamte WM. Ohne Radamel Falcao, der Gerüchten zufolge vor einem Wechsel zu Real Madrid steht, wurden den Kolumbianern kaum Chancen eingeräumt. Nun, nach absolvierter Gruppenphase, ist die Mannschaft des neuen Nationalhelden Jose Pekerman immer noch ungeschlagen und mit einem Torverhältnis von 9:2 gemeinsam mit den Niederlanden die bisher erfolgreichste bei der WM. Uruguay sollte sich also nicht nur Gedanken um den eigenen Angriff machen.

In der WM-Qualifikation gab es bereits zwei Begegnungen mit den Kolumbianern. Einmal fuhr die "Celeste" ein 2:0 ein, einmal setzte es eine 0:4-Pleite. Die Quali schafften die Uruguayer übrigens nur knapp, die "Cafeteros" wurden hinter Argentinien Zweiter. Bei einer Endrunde kam es bislang nur zu einem direkten Aufeinandertreffen: bei der WM 1962. Das Spiel endete mit einem knappen 2:1-Sieg für Uruguay. In den insgesamt 38 Begegnungen steht es 18:11 für die Uruguayer bei acht Remis.

Wenn man sich die beiden Teams genauer ansieht, ist klar, dass die Zukunft Kolumbien gehört. Im FIFA-Ranking stehen die Gelben bereits auf Platz acht. Der Altersschnitt beträgt trotz Veteran Mondragon (43) 25,3 Jahre, während jener der "Celeste" bei 27,1 liegt. Dazu sind viele Leistungsträger in Hellblau über 30, während die auffälligsten Kolumbianer bei der WM knapp über 20 sind. Auch Trainer Pekerman ist sicher: "Kolumbien gehört bald zu den großen Fußballnationen."