Aneel Samra spielt seit seinem siebenten Lebensjahr Fußball. Wann immer er Zeit hat, jagt er in der kanadischen Metropole Montréal dem Ball hinterher. Doch als sich Samra voriges Jahr offiziell für eine Jugendmannschaft anmelden wollte, wurde er kurzerhand in die Zwangspause geschickt. Das hat mit seiner Kopfbedeckung zu tun. Samra ist gläubiger Sikh und trägt aus religiösen Gründen einen Patka, also einen Turban aus dünnem Stoff. Darunter wickelt er sein langes Haar zu einer Art Knoten zusammen, nicht zuletzt, damit es ihn beim Kicken nicht stört.

Doch das gefiel den Offiziellen gar nicht. Der Fußballverband der kanadischen Provinz Québec forderte Samra auf, seinen Turban vor jedem Spiel abzunehmen. Als sich Samra weigerte, entzogen sie ihm die Spielererlaubnis. Seitdem verfolgt Samra die Spiele der Amateurliga nur noch von der Seitenlinie.

Das Turban-Verbot sei diskriminierend, beschwerte sich Samra und die Sikh-Gemeinde legte Berufung ein. Ohne Erfolg. Vor ein paar Tagen entschied der Verband: Es bleibt beim "Non". Der Turban erhöhe die Verletzungsgefahr und gehöre abgenommen. Das Votum hat in Kanada, das sich seiner multikulturellen Vielfalt rühmt, einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

Der Verband sieht sich im Recht. Die Funktionäre verweisen auf den Weltverband. Der verbietet im Regelwerk Kopfbedeckungen, wenn sie das Spiel beinträchtigen. Ob das so ist, hat im Einzelfall der Schiedsrichter zu entscheiden. Lange etwa verbot die FIFA Kopftücher, doch nach Protesten aus islamischen Ländern wurde dies 2012 revidiert. Seitdem dürfen gläubige Spielerinnen fußballtaugliche Kopftücher tragen. In Kanada wurde die Regel unterschiedlich ausgelegt: Während Turbane in Québec verboten sind, werden sie in allen anderen Provinzen toleriert. Der Dachverband hat seine frankokanadischen Kollegen nun aufgefordert, die Turbane zuzulassen, und hat bis dahin die Mitgliedschaft der Québecer Vereine auf Nationalebene suspendiert.

Auch politisch schaukelt sich der Streit hoch. Die nach Unabhängigkeit strebende Provinzregierung von Québec stellte sich hinter die Funktionäre. Die separatistische Regierungschefin Pauline Marois wütete, dass man sich eine Einmischung verbitte. Québec sei autonom.

Aneel Samra hofft, dass sich die Wogen bald glätten. Damit er wieder Fußball spielen kann. Einen ersten Schritt dazu hat er erreicht: Die FIFA betonte nun, dass Turbane auf dem Platz zulässig seien, doch dürfe von den Kopfbedeckungen keine Gefahr für Spieler ausgehen. Eine allgemein verbindliche Regelung will die FIFA bis März 2014 verabschieden.