Die neue Handschrift eines Trainers ist erst nach zwei bis drei Monaten im Echtbetrieb sichtbar. So wird es im Eishockey zumindest behauptet. Nun könnte der überragende Saisonstart der Vienna Capitals noch Ex-Trainer Serge Aubin „in die Schuhe geschoben werden“. Oder aber, und dies gilt in Wien als wahrscheinlicher, die Behauptung geht ins Leere. Denn Headcoach Dave Cameron darf sich die 23 Punkte aus acht Runden plus einem glorreichen Sieg gegen Schwedens Frölunda in der Champions Hockey League auf die gelbe Fahne heften. Der 60-Jährige mit NHL-Vergangenheit (Calgary Flames, Ottawa Senators) brachte typisches, kanadisches Eishockey mit. Soll heißen, Puckbesitz und blitzartiger Spielaufbau ist die wirksamste Form der Defensive. Auftretende Lücken in der eigenen Verteidigung nimmt er bislang billigend zur Kenntnis.

Das ist nicht alles. Cameron hat neue Asse im Fundus. Ein Stern strahlt stärker denn je: Benjamin Nissner, 20-jähriges Eigengewächs, kann sein Glück kaum fassen. Die vergangenen drei Saisonen stand er über 100 Mal auf dem Spielbericht der Wiener. Dennoch blieb er in Puncto Netto-Eiszeit unter der Wahrnehmungsgrenze. Heuer hat sich das geändert. Der Stürmer wurde von Cameron in die Top-Formation befördert und brachte es neben Vorjahres-Entdeckung Peter Schneider und Chris DeSousa auf vier Tore und sechs Assists. „Ich habe die letzten Jahre viel gelernt und kann es heuer abrufen“, die Genugtuung Nissners ist unüberhörbar. Cameron ist also doch nicht der typische Kanadier, der nur seinen Landsleuten traut. Immer wieder bringt er seine vierte Formation im Powerplay zum Einsatz. Nissner: „Es ist einfach cool, mit einem so erfahrenen Mann zu arbeiten.“ Welches Eishockey-Herzblut Cameron verströmt, zeigt sich, wenn er bei Sondereinheiten rekonvaleszenten Spielern moralische Unterstützung auf dem Eis gibt.

Heute ist der KAC (David Madlener im Tor) zu Gast. Mit Umstellungen (Mitch Wahl statt Marco Richter in der Koch-Linie) kämpfen die Rotjacken um Durchschlagskraft: Drei Tore in den letzten zwei Spielen (vier Partien ohne Powerplay-Treffer).