Es war nur eine Frage der Zeit. Linz hat sich vor der 33. Partie von seinem Credo verabschiedet: das rein österreichische Torhüter-Duo. Jeff Glass wurde als Goalie-Neuzugang präsentiert. Grober Umriss: 34 Jahre alt, Kanadier, Erfahrung in NHL/KHL/AHL. Aufgrund dieses Transfers muss mindestens ein anderer Spieler mit Punktewert abgemeldet werden. Allerdings: Glass hat bis dato kein einziges Saisonspiel bestritten, hielt sich bei einem College-Team fit.

Die Black Wings betonen ausdrücklich, dass David Kickert weiterhin die Nummer Eins im Tor der Linzer bleiben soll. Was mit Thomas Stroj oder Paul Mocher passiert, steht in den Sternen. Die Oberösterreicher versuchen zumindest, alle Bedenken hinsichtlich der Zukunft von David Kickert auszuräumen. "Wir werden auch in Zukunft mit David als unseren Einsergoalie planen. Glass kommt nicht als Nummer Eins. Er soll Kickert entlasten", wird Linz-Geschäftsführer Christian Perthaler in einer Klub-Aussendung gleich im zweiten Absatz zitiert. Wie Trainer Tom Rowe darüber denkt, wird die Zukunft zeigen.

Die Entscheidung der Oberösterreicher, noch einmal am Transfermarkt aktiv zu werden, ist in jedem Fall nachvollziehbar. Eine Aufteilung der Starts von Torhütern bei Titelaspiranten gehört längst zum Geschäft. Es genügt ein Blick nach Klagenfurt, Salzburg oder Wien. Denn selbst Nummer-Eins-Goalies benötigen mindestens jedes dritte Spiel eine Pause (Zwei Drittel - Ein Drittel). Das ist bei David Kickert nicht anders. Österreichs Teamgoalie stand in 28 Partien auf dem Eis. Sogar JP Lamoureux, der als Marathon-Mann bekannt ist und aktuell beste Keeper der Liga, kam "nur" auf 22 Einsätze. Plus: Lamoureux konnte sich auf Lukas Herzog verlassen und tatsächlich auch mental pausieren.

Schmidt verliert ein Jahr

Eine völlig andere Situation herrscht hingegen beim VSV. Torhüter Brandon Maxwell wirkt wie ein Felsen, gibt dem Klub in jedem einzelnen Spiel die Chance, zu gewinnen (92,3 Prozent Fangquote, 2,3 Gegentorschnitt). Vermeidbare Gegentore sind selten geworden. Nun stellt sich die Frage, ob es der richtige Schachzug gewesen ist, Alexander Schmidt aus Zell/See zurückzubeordern sowie Lukas Schluderbacher dort zu parken. Denn Starts sind für Schmidt, der Österreichs U20 sensationell zum Aufstieg in die Top Division 2020 verholfen hatte, ohnehin nicht obsolet. Im Gegensatz zu anderen A-Nationen, wo ein 19-jähriges Juwel selbstverständlich längst im Echt-Betrieb getestet worden wäre. Anstelle also auf der Bank zu versauern und ein weiteres Jahr zu verlieren, könnte er in der Zwischenzeit zumindest in der zweithöchsten Spielklasse Einsätze erhalten. Es würde nicht wundern, wenn sich Schmidt nach Saisonende eine neue Perspektive sucht.

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Zumindest in Klagenfurt hat sich die Einsatzquote von David Madlener auf über 50 Prozent geschraubt. Auch begründet von einer langen Un-Form Lars Haugens, sowie einer Verletzung des Norwegers. Denn selbst die goldene Torhüter-Regel wurde bei den Klagenfurtern heuer bereits für nichtig erklärt: Shut-outs sicherten dem Vorarlberger keinen Einsatz im nächsten Spiel. Und Madlener? Der Vorarlberger zeigt sich so stark wie noch nie in seiner Karriere (92 Prozent Fangquote, 1,73 Gegentorschnitt).

Imports sind unantastbar

Die Situation von heimischen Goalies wirkt insofern prekär, weil Österreicher ohnehin einen Rückstand von drei bis fünf Jahren in ihrer individuellen Entwicklung aufgerissen haben (im internationalen Vergleich) - darüber sind sich Torhüter-Experten einig. Erschwerend kommt hinzu, dass heimische Goalies mit den Launen ausländischer (Goalie-)Trainer kämpfen. Ergo: Ein Mann mit Namen aus dem Ausland hatte im österreichischen Eishockey schon immer mehr Gewicht, als rot-weiß-rote Fachkräfte. Innsbruck-Trainer Rob Pallin kritisierte beispielsweise Rene Swette und Luka Gracnar ganz offen, schob ihnen den schwarzen Peter zu. Bei ebenfalls engagierten Innsbrucker Totalausfällen wie Matt Climie oder CJ Motte wagte er so etwas natürlich nicht.

Zurück zu Linz: David Kickert hat solide Leistungen gezeigt und großen Anteil daran, dass die Oberösterreicher auf dem vierten Tabellenplatz stehen. Bei vielen seiner bisher 81 kassierten Gegentore wurde er von seinen Vorderleuten im Stich gelassen. Ein Bekenntnis, dass der gebürtige Wiener Nummer Eins bleibt, sollte also die Wogen glätten. Einzig: Es wirkt übertrieben. Wie auch der pathetisch ausgebreitete Lebenslauf in der Transfer-Aussendung von Glass. Ehrlicher wäre es also gewesen, wenn dort gestanden hätte: Der Bessere spielt.