Es gibt während Reisen immer wieder diesen einen Moment, der Sehnsucht auf die eigenen vier Wänden erweckt. Unabhängig von der Aufenthaltsdauer. Entscheidend dafür ist eher das Umfeld. Im österreichischen Eishockey-Nationalteam ist der Wohlfühl-Faktor mittlerweile auf den Gefrierpunkt gesunken. Das zeigte auch das versteinerte Mienenspiel nach dem 3:0-Sieg gegen Japan zum Abschluss der Olympia-Qualifikation in Riga.

Dass Olympia 2018 verpasst worden ist, gilt nicht unbedingt als Überraschung. Dennoch sollten in der neuen Verbandsführung um Präsident Gernot Mittendorfer die Alarmglocken schrillen. Es scheint offensichtlich, dass in den vergangenen Jahren zu viel verbrannte Erde hinterlassen worden ist. Hartnäckig ausbleibender Erfolg, nicht nachvollziehbare Personalentscheidungen und völlig ergebnislose Arbeit hinsichtlich rot-weiß-roter Eishockey-Entwicklung sind mit einem Namen verbunden: Sportdirektor und Noch-Teamchef Alpo Suhonen.

Der mittlerweile 68-jährige Finne wurde 2012 vom Verband engagiert. Sein Vertrag, der ihm jährlich einen sechsstelligen Betrag samt Spesenrefundierung für monatliche Heimflüge garantiert, läuft im Juni 2017 aus. Bis dahin dürfte er noch Stimmung und Budget beim ÖEHV strapazieren. Schon als Sportdirektor sorgte Suhonen in den letzten Jahren bei Klausuren für großen Unmut. Viele heimische Trainer beschwerten sich über seine autokratischen geführten, aber inhaltsleeren Vorträge. Ohne die Diplomatie von Nachwuchschef Roger Bader würde in der Trainer-Ausbildung absoluter Stillstand herrschen.

Veraltete Methoden

Speziell seine letzten Auftritte als österreichischer Teamchef glichen einem Schauerspiel. Auf der Spielerbank präsentierte sich Suhonen schweigsam, mittellos und wirkte dazu eher genervt. Die Vorgeschichte dazu lieferte das Trainingscamp in Wien. Suhonen wollte an seinem, „massiv veralteten Spielsystem“ festhalten, wie mehrere Spieler berichtet hatten. Als ihm Routiniers erklärten, dass es nicht spielbar sei, verweigerte er Alternativen und soll sich komplett zurückgezogen haben. Dem Team wurde so intern noch ein zusätzlicher Stein in den Weg gelegt. Die Powerplay- und Unterzahl-Formationen mussten überdies von den Spielern selbst geplant werden.

Verbohrt zeigte sich der Finne einmal mehr hinsichtlich Kaderplanung. Einser-Goalie Bernhard Starkbaum hinterließ zweifelsfrei eine große Lücke. Aus nachvollziehbaren Gründen (wurde zum zweiten Mal Papa). Sie waren aber vorhersehbar. Suhonen verweigerte jedoch erneut dem starken DEL-Keeper Mathias Lange eine Einberufung ins Team. Kaum vorstellbar, dass hier aus sportlichen Gründen gehandelt wurde und die beiden Jung-Torhüter David Madlener und David Kickert sowie der vereinslose Rene Swette vorgezogen worden sind. Vielmehr sollen, wie in der Vergangenheit üblich, persönliche Befindlichkeiten zur Nicht-Berücksichtigungen geführt haben. Freiwillig, seit seiner verletzungsbedingten Absage 2015, auf den bullystarken Center Thomas Koch zu verzichten, später aber auf fehlende österreichische Mittelstürmer hinzuweisen, grenzt hingegen an verzweifelter Ignoranz Suhonens.

Fehlereingeständnis? Der Finne flüchtete lieber in Gründe wie den alten Interessenskonflikt zwischen Verband und EBEL. Oder besser gesagt deren Klubs, die an der Punkteregelung festhalten. „Das Alarmsignal aus Riga soll langsam ankommen“, meint Suhonen und ergänzt: „Die Älteren haben in der Liga noch gespielt, jetzt kommt die Punktegeneration.“ Eine, der seltenen nachvollziehbaren Sichtweisen.

Immer öfter verlagerten sich die Handlungen des Ex-NHL-Trainers auf interne Angelegenheiten. Sie glichen dabei eher einem persönlichen Rachefeldzug. Abgezielt auf konträre Meinungen, wie zuletzt in Wien. Sie bezog er stets als Affront gegen seine Person. Das musste auch der erfolgreichste Teamchef der letzten Jahre, Manny Viveiros, erfahren. Nach dem letzten erfolgreichen Wiederaufstieg in Südkorea 2014 zurück auf A-Niveau, wurde der Austro-Kanadier verabschiedet. Auch hier hatte Suhonen als ÖEHV-Sportdirektor seine Finger im Spiel.

ÖEHV will Maßnahmen ergreifen

Der ÖEHV wäre also gut damit beraten, im eigenen Haus aufzuräumen. Das weiß auch Mittendorfer: "Wir werden uns zusammensetzen, auch mit Spieler-Vertretern, und in Ruhe analysieren, woran es gelegen ist. Und dann die Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind", sagte der ÖEHV-Präsident im APA-Interview. Über die zukünftige Personalien bezüglich Teamchef, Sportdirektor und Nachwuchschef meint Mittendorfer: "Das ist eine Frage der finanziellen Möglichkeiten. Der ÖEHV ist kein gesegneter Verband wie manch anderer. Wir können uns einen hauptamtlichen Spitzen-Trainer und einen Sportdirektor und einen Nachwuchsleiter nicht leisten. Wir müssen da eine vernünftige Balance finden. Die Etablierung eines Sportdirektors war ein sehr wichtiger erster Schritt, auch die Etablierung eines Nachwuchsleiters ist, wie wir sehen, für die Zukunft enorm wichtig. Wahrscheinlich werden wir eine Kombination mit dem Nationalteam-Trainer oder einem Club-Trainer, der das Nationalteam betreut, forcieren."

Eine Trennung von Suhonen wird nicht ausgeschlossen und gilt wohl als unausweichlich. Denn je früher auf verbrannter Erde nachgepflanzt wird, desto eher ist wieder mit einer Ernte zu rechnen.