Für viele Menschen besitzt der 40. Geburtstag einen starken symbolischen Charakter. Angst macht sich breit, nicht alles erlebt zu haben. Ihre ereignisreiche Karriere wird genau da enden. Haben Sie ein mulmiges Gefühl?
MATTHIAS TRATTNIG: Überhaupt nicht. Ehrlich gesagt hoffe ich sogar, dass sie da endet. Denn das würde ja bedeuten, dass wir mit Salzburg im Finale stehen. Was gibt es Schöneres, als das Karriereende mit dem Meistertitel zu feiern? Schon jetzt freue ich mich auf den ersten gemeinsamen Winterurlaub nächstes Jahr mit meiner Frau und unseren Kindern.

Sie haben in Ihrer Karriere oft das Wort ergriffen und Fehlentwicklungen angesprochen. Konnten Sie es sich, im Gegensatz zu anderen, vielleicht auch leisten?
Klar, ich hatte sicher einen sehr guten Rückhalt von meiner Familie. Allerdings habe ich alles selbst erarbeitet. Daher war ich nie von ihr finanziell abhängig.

14 Saisonen am Stück als Spieler bei einem einzigen Eishockey-Klub. Was war das Besondere an Salzburg?
Bei Red Bull steht der Sport ganz klar im Vordergrund. Die Organisation ist von vorne bis hinten professionell aufgestellt. Und die Marke steht für Erfolg.

Ein Transfer war nie ein Thema?
Nach sechs, sieben Jahren wollte ich nach Schweden. Ich hatte zwei, drei Jahre als Verteidiger gespielt. Aber ich bekam gesundheitliche Probleme.

Was war passiert?
Wenn ich früh genug aufgepasst hätte, wäre mir mein Knorpelschaden erspart geblieben. Es gibt im Eishockey eben die Kultur, dass man für die Mannschaft die Zähne zusammenbeißen soll. Das stimmt schon. Aber seinen Körper hat man nur einmal. Wenn man nicht mehr eislaufen kann und mit zehn Schmerztabletten spielen muss, dann hilft das der Mannschaft nicht. Mein Knorpelschaden wäre komplett zu verhindern gewesen. Und außerdem haben wir damals ohnehin im Halbfinale verloren.

Sie haben es angedeutet. Das Umfunktionieren vom Stürmer zum Verteidiger gerät wieder in Mode ...
Die Frage sollte lauten: Warum gibt es Stürmer oder Verteidiger? Im Eishockey sollte man eher auf eine komplettere Ausbildung abzielen, als sich zu früh auf Positionen zu versteifen.

Haben Sie eine Veränderung im Eishockey bemerkt?
Das behaupten manche. So etwas ist aber ein kompletter Blödsinn. Die Russen haben schon in den 70er-Jahren „Torpedo“ gespielt, vier rotierten um das gegnerische Tor und nur einer hat abgesichert. Die Regeln haben sich verändert. Es wird weniger hart gespielt. Aber dass eine gute Defensive gewinnt – das hat sich nicht geändert.

Sollten Sie als ältester Spieler der Liga nicht froh sein, dass die Intensität abgenommen hat?
Mir fehlen die Emotionen. Die Spieler haben im Play-off immer von Krieg gesprochen, aber fair. Niemand wollte den Gegenspieler verletzen. Eishockey ist doch mittlerweile emotionslos geworden. Es fehlt an Härte. So eine enge, hitzige Partie hat schon etwas.

Haben Sie eine Erklärung dafür?
Eishockey sollte sich in Richtung Speed und Technik entwickeln. International ist das Eishockey noch immer sehr körperbetont. Die Checks sind nach wie vor hart. Nur bei uns in der EBEL ist das Körperspiel sehr dezimiert worden. Die Spieler werden durch Sperren und hohe Geldbußen abgeschreckt.

Im Umkehrschluss müsste das Niveau gestiegen sein?
Nein, es ist gesunken. Vor fünf, sechs Jahren war es sicher höher. Schweiz, Deutschland, Schweden – vor allem Russland – die zahlen besser und saugen alle Spieler ab. Für uns in Salzburg waren früher NHL- und hauptsächlich AHL-Spieler interessant. Das ist nun gewandert zu AHL und ECHL. Der Hauptanteil an Imports kommt also nicht mehr aus der zweithöchsten Liga, sondern aus der dritthöchsten.

Am Ende einer Karriere werden stets Einblicke gewährt. Ihr peinlichster Moment?
Ich bin vor Spielen komplett abwesend. So wie vor zwei Jahren beim Play-off-Spiel in Klagenfurt. Ich habe Teamkollege Manuel Latusa gebeten: „Bitte erinnere mich, dass ich die Kufenschoner entferne, bevor ich aufs Eis gehe.“ Natürlich hat er das nicht getan und ich bin ausgerechnet vor den KAC-Fans auf dem Eis gelegen.

Warum erhielten Sie eigentlich den Beinamen Büffel?
Das dürfte irgendwann im Nationalteam passiert sein, wegen meines Laufstils. Ich kann mich nur vage erinnern, tippe aber auf einen der Villacher. Entweder Gerhard Unterluggauer oder Herbert Hohenberger.

Wie sieht der erste Tag in der Eishockey-Pension aus?
Wie jedes Jahr. Urlaub und dann beginnt die Sommersaison am Wörthersee.

Wäre ein Trainerjob für Sie interessant?
Garantiert nicht.

In Kanada, Schweden oder der Schweiz sind ehemalige Spieler in den Strukturen fest verankert. In der EBEL gar nicht, bei Klubs nur vereinzelt. Warum?
Der Grund ist trivial. Eishockey und Bildung wird nicht als eins gesehen. Bei vielen kommt mit 30 der Schock. Wenn Eishockey in Österreich einen Fortschritt erzielen sollte, muss es in die Gesellschaft integriert werden. Nur zu sagen: Wir brauchen mehr Kinder – das wird nicht reichen. Und eigentlich bleibt auch als Profi genug Zeit, um sich um die Ausbildung zu kümmern.

Wie haben Sie sich auf das Leben danach vorbereitet?
Mit fünf Stunden Training pro Tag bleiben immer noch sechs Stunden übrig. Ich habe ein berufsbegleitendes MBA-Fernstudium in London abgeschlossen. Im elterlichen Hotel konnte ich so bereits einige Projekte umsetzen. Neben der Revitalisierung eines Stockwerks war ich für den Bau zweier Häuser verantwortlich. Das Studium hat mich als Mensch und als Sportler bereichert. Es gab da eine Situation vor einer wichtigen Partie. Ich musste einen Bericht anfertigen. Im Spiel war ich sogar konzentrierter als sonst.

Wie lautet Ihre Zukunft: Hotel oder Red Bull oder Red-Bull-Hotel?
Definitiv Hotel. Ich hoffe natürlich, dass ich bei Red Bull weiterarbeiten darf. Es wird sicher nicht leicht, alles hinter mir zu lassen.