Wer einen Blick auf Österreichs Kaderliste wirft, stellt fest, dass erneut klingende Namen fehlen. Entweder aufgrund von Zerwürfnissen mit der Verbandsführung oder altersbedingten Rücktritten. Und selbstverständlich verletzungsbedingten Absagen. Doch Teamchef Daniel Ratushny dürfte für die Zusammenstellung der rot-weiß-roten Auswahl eine österreichische Weisheit bedient haben: „Nicht die Besten, aber die Richtigen.“ (Zitat: Josef Hickersberger, Anm.). So wurden Routiniers wie Thomas Koch, Mathias Lange oder Florian Iberer erst gar nicht gefragt. Das Durchschnittsalter ist damit vor allem dank Lukas Haudum (18) und Ali Wukovits (19) auf 25,5 Jahre gesunken.

Für die beiden Schweden-Legionäre ist es der erste echte Berührungspunkt mit Erwachsenen-Eishockey. Und das gleich bei einer Weltmeisterschaft. Haudum erkennt die Abweichungen sofort: „Bei Tempo oder Technik ist es gar nicht so schlimm. Aber Körperspiel und Taktik präsentieren sich hier auf einem brutal hohen Level“, merkt der Södertälje-Stürmer an, der in der Kabine vom Kärntner Sitznachbarn Niki Petrik unter die Fittiche genommen wird.

Der Linzer könnte es, wie viele andere Cracks aus der höchsten schwedischen Nachwuchsspielklasse, heuer in den NHL-Draft (Klubs sichern sich Rechte an Nachwuchs-Talenten) schaffen. Zuvor will er sich bei der B-WM (Division IA) in Kattowitz von der besten Seite zeigen. „Ich werde für die Mannschaft alles geben, was nötig ist. Wenn ich spielen darf, ist es umso besser“, gibt sich Haudum bescheiden. Doch Ratushny deutete im Test gegen Italien an, dass er auf den Stürmer setzen wird. Der junge Linzer erhielt sogar in der heiklen Schlussphase seine Einsätze.

Für Zimmerkollegen Wukovits, der nach einer verletzungsgeplagten Saison in Polen ebenfalls mit an Bord ist, dürfte es für Eiszeiten nicht ganz reichen. Wie auch für Christof Kromp (18), der trotz starker Play-off-Leistungen beim VSV im Nationalteam verletzungsbedingt aussortiert worden ist.

Bereits heute erfolgt gegen Südkorea der WM-Auftakt. Dann wird sich zeigen, ob Ratushny für die Aufstiegs-Mission in die A-Gruppe auch die Richtigen ausgewählt hat.

Die Gegner:

SÜDKOREA - Die Bissigen
Beim letzten Duell in Seoul 2014 schrammten die Österreicher knapp an einem Debakel vorbei. Ein 0:3-Rückstand nach acht Minuten konnte in einem Torfestival noch vor der Drittelpause in ein 5:4 gedreht werden. Am Ende siegte Team Austria 7:4, doch die Koreaner traten mit viel Courage auf. Davon ist vom heutigen WM-Auftaktgegner der Österreicher auch in Kattowitz auszugehen. Fünf Kanadier und ein US-Amerikaner bringen internationale Erfahrung mit. Speziell Asia-League-Topscorer Michael Swift strahlt Torgefahr aus.

JAPAN - Die Kämpfer
Erstmals nach der Teamchef-Ära von Mark Mahon hat nun der Kanadier Greg Thomson die Mannschaft aus dem Land der aufgehenden Sonne übernommen. Nur ein Name sticht hervor: Auch dieses Mal wird der legendäre Goalie Yutaka Fukufuji (erster NHL-Spieler Japans) im Tor stehen. Die Japaner gelten als unangenehmer Gegner mit guten eisläuferischen Fähigkeiten, die überaus körperbetont spielen können. Eine Hürde für Team Austria dürfen sie nicht sein.

ITALIEN - Die Gefährlichen
Den 3:2-Sieg im Testspiel gegen die Squadra Azzura konnte Österreich vor wenigen Tagen knapp ins Trockene bringen. Doch die erfahrene Truppe zeigte, dass sie zu viel Freiraum und Passivität schnell in Tore ummünzen und zum Stolperstein auf Österreichs Weg in die A-Gruppe avancieren kann. Italien wird neben EBEL- und Serie A-Cracks von Spielern bereichert, die KHL- (Thomas Larkin), Nordamerika- (Tommaso Traversa), Schweden- (Luca Frigo) sowie Finnland-Erfahrung (Andreas Bernard, Frederic Cloutier) vorweisen können. In Kattowitz sind sie heißer Anwärter auf die Silbermedaille.

POLEN - Die Gastgeber
Vor Jahren bekundete ein polnischer Klub Interesse an einer EBEL-Teilnahme. Aufgrund der großen Distanzen versickerte dieses Thema im Sand. Auch der Niveauunterschied spielt eine wesentliche Rolle. Erst 2014 sind die Polen aus dem C-Pool aufgestiegen und hoffen nun vor enthusiastischem Heimpublikum, das Tabellenende verhindern zu können. Große Namen oder Erfahrung aus stärkeren Ligen können die Polen kaum vorweisen. Große Hoffnung beruhen auf den 18-jährigen kanadisch-polnischen Stürmer Alan Lyszczarczyk, der in der nordamerikanischen Talenteliga OHL spielt.

SLOWENIEN - Die Übermächtigen
Wer die Goldmedaille vermeintlich nur abzuholen braucht, neigt zu scheitern. Nicht die Slowenen. Sie sind die großen Favoriten auf den Turniersieg und damit auch für den sicheren Aufstiegsplatz. Alles andere als eine Niederlage der Österreicher in ihrem letzten Spiel wäre eine Überraschung. Nach dem Rücktritt von Matjaz Kopitar feiert Teamchef Nik Zupancic sein WM-Debüt

MARTIN QUENDLER, KATTOWITZ