Knapper Bikini oder langärmliges Top. Kurze Shorts oder lange Hose. Die Debatte reißt nicht ab. Jahrelang schon sind Kleidervorschriften im Sport Gesprächsthema. Immer wieder sorgen einzelne Fälle für Aufregung. Allein im vergangenen Jahr setzten Turnerinnen mit Ganzkörperanzügen ein Statement, ein Beachvolleyball-Duo beharrte darauf, im Bikini zu spielen, und Beachhandballerinnen kassierten fast eine Strafe in der Höhe von 1500 Euro, weil sie bei der Europameisterschaft keine knappen Bikinihöschen getragen haben.

Abgesehen von dem "bisschen Aufregung" hat sich aber nie wirklich etwas getan, finden Katharina Schützenhöfer und Lena Plesiutschnig. Die beiden Top-Beachvolleyballerinnen – sie sind Österreichs Nummer eins – fühlen sich wohl im Bikini, sagen sie. "Aber wir finden es hart, dass uns das vorgeschrieben wird. Es muss den Sportlerinnen selbst überlassen sein, was sie anziehen und worin sie sich wohlfühlen."

Sie sprechen sich also gegen Kleidervorschriften aus. Und nein, es gehe ihnen nicht nur einfach um die Outfits. "Wir wollen nicht reduziert werden auf Bikini und viel Haut. Wir wollen, dass unsere sportlichen Leistungen zählen", sagt Plesiutschnig.

Katharina Schützenhöfer und Lena Plesiutschnig sind Österreichs Top-Beachteam
Katharina Schützenhöfer und Lena Plesiutschnig sind Österreichs Top-Beachteam © APA/HELMUT FOHRINGER

Von Fotografen, die "zwischen die Beine fotografieren"

Bei der Kleidung fängt es an, aufhören tut es da aber lange nicht. "Frauen stehen in vielen Sportarten im Schatten der Männer", sagt Schützenhöfer. Die Trainerrolle übernimmt meist der Mann, eine Frau sei die Ausnahme. Außerdem habe es lange gedauert, bis Frauen bei Turnieren dasselbe Preisgeld bekommen haben wie Männer, wirft Plesiutschnig ein. "Es ist auch immer noch so, dass bei jedem Turnier die Frauenspiele in der Früh anfangen, um 8 oder 9 Uhr, und die Männer dürfen später spielen und die Primetime haben", sagt Schützenhöfer. Überhaupt würden Männer immer mehr Fernsehzeit bekommen, beschweren sich die Beachvolleyballerinnen: "Da fühlen wir uns schon benachteiligt."

Und wenn die Frauen gezeigt würden, dann besonders oft ihre Hintern oder ihre Brüste, das erfahre das Duo regelmäßig am eigenen Leib. Dann gibt es da noch die Fotografen, die "zwischen die Beine fotografieren", schildern Plesiutschnig und Schützenhöfer: "Da denkt man sich als Frau, als Leistungssportlerin dann schon: Muss das sein?"

Frauen trauen sich nicht, etwas zu sagen

Fakt ist: Vereine und Verbände in Österreich sind männerdominiert. "Im Sport sind extrem viele Männer an der Macht. Sie entscheiden über Fördergelder oder über Positionierung der Teams", sagt Plesiutschnig. Das ist auch der Grund, warum sich Frauen oft nicht trauen, gegen Kleidervorschriften und Sexismus vorzugehen, oder warum Frauen erst gar nicht gehört werden, weiß Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle Steiermark.

Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle
Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle © Foto Fischer

Sie hatte schon mit Fällen zu tun. Die Angst vor Konsequenzen und dem Karriereende spiele eine große Rolle. In einer Stellungnahme der Antidiskriminierungsstelle ist von einer "strukturellen Diskriminierung" die Rede. Frauen würden "objektiviert und sexualisiert", das führe im schlimmsten Fall zu Gewalt. Es sei noch viel zu tun für die Gleichberechtigung der Geschlechter im Sport.

Dieser Ansicht ist auch Rosa Diketmüller vom Institut für Sportwissenschaft der Uni Wien. "Sexismus im Sport äußert sich etwa durch anzügliche Bemerkungen, unangemessene Blicke oder eben Gewalt. Die Grenzen sind fließend. Es handelt sich um ein strukturelles Problem, das von vielen Seiten bearbeitet werden muss", erläutert die Assistenzprofessorin. Zu den Kleidervorschriften sagt sie: "Im Grunde sollte es egal sein, ob ich mit langer oder kurzer Hose oder im Bikini spiele." Oft sind es die internationalen Verbände, die Regeln vorgeben.

Rosa Diketmüller von der Uni Wien
Rosa Diketmüller von der Uni Wien © Martina Pöll

In Österreich tue sich schon etwas, meint sie. In Sachen Sensibilisierung und Anlaufstellen sei einiges auf Schiene: "Aber es könnte noch mehr sein." Zum Beispiel brauche es Schulungen für Trainer und Funktionäre, damit "ganz klar ist, welche Rechte Athletinnen und welche Pflichten Trainer haben". Es müsse verbindlichere Standards für Vereine geben, hier könne man zum Beispiel über Förderungen "sanften Druck ausüben". Plesiutschnig und Schützenhöfer fordern, dass "Frauen über die Leistung Aufmerksamkeit bekommen und nicht über das Äußere".