"Ich bin eine Million Prozent fit, schauen Sie mich an, ich bin in fantastischer Form.“ Tyson Fury (33) ist nach Muhammad Ali sicherlich der größte Sprücheklopfer im Schwergewichtsboxen. Mittlerweile hat sich der Brite auch soweit im Griff, dass er diskriminierende Sprüche unterlässt, sich mit Leidenschaft selbst feiert und für den dritten Kampf gegen den Amerikaner Deontay Wilder (35) in der Nacht auf Sonntag eine Tyson-Fury-Show ankündigt.
Der über zwei Meter große Hüne kann es sich auch leisten, er ist Schwergewichtsweltmeister des World Boxing Council (WBC) und nach seinem Sieg 2015 über Wladimir Klitschko der konstanteste und beste in der Königsklasse des Preisboxens. Eine Trilogie umwehte im Boxen immer schon die Aura des Magischen: Man denke an Ali und Joe Frazier, die sich in drei Schwergewichtsschlachten trafen und deren drittes Aufeinandertreffen am 1. Oktober 1975 als "Thrilla in Manila" in die Box-Geschichtsbücher Eingang fand.


Wilder gegen Fury kommt an dieses epische Drama nicht heran, weil Fury der bessere Boxer ist. Zwar wurde ihr erstes Duell 2018 unentschieden gewertet, doch schon ihr zweites Aufeinandertreffen war ein Desaster für den Amerikaner: Fury war klar überlegen, hatte Wilder mehrmals am Boden und in der siebenten Runde wurde der Kampf abgebrochen. Mit einer Größe von 206 Zentimetern und einer Reichweite von 2,16 Metern ist der „Gypsy King“ dem „Bronze Bomber“ (201 Zentimeter groß, 2,11 Meter Reichweite) überlegen. Nicht nur das: Fury hat eine sehr gute Beinarbeit, kann in Linksauslage wie Rechtsauslage boxen und ist sehr reaktionsschnell. Wenn Fury am kommenden Samstag (nach unserer Zeit am Sonntag) in der T-Mobile-Arena in Las Vegas in das Seilgeviert steigt, stellt sich eigentlich nur eine Frage: Wann wird er gegen den Ukrainer Oleksandr Usyk (34) antreten, um endlich die Weltmeister-Titel aller wichtigen Verbände zu vereinen. Usyk boxte gegen Anthony Joshua souverän und krönte sich am 25. September zum Weltmeister der World Boxing Organization (WBO), World Boxing Association (WBA) sowie der International Boxing Federation (IBF).
Als Joshua noch Weltmeister war – und er verlor seine Titel schon einmal überraschend gegen Andy Ruiz Jr. – hätte Fury gegen ihn schon in den Ring steigen sollen. Als der Kampf platzte, schob jeder jedem die Schuld zu. Aber Boxen ist ein Geschäft, das von gewinnorientierten Unternehmen geführt wird, in dem Promoter viel zu sagen haben und Vertragsverhandlungen sich äußerst schwierig gestalten. „Der größte Kampf in der Geschichte in Bezug auf die Einnahmen war Floyd Mayweather gegen Manny Pacquiao im Jahr 2015, der 600 Millionen Dollar einspielte, das meiste davon durch Pay-Per-View (PPV)“, sagt Kurt Badenhausen, der bei „Sportico.com“ die Geschäftsseite des Sports beleuchtet. Für Joshua, der einen 840-Millionen-Euro-Vertrag mit DAZN hat, wiegt der Verlust seiner Titel daher schwer. „Canelo Alvarez ist derzeit der größte PPV-Star“, sagt Badenhausen, doch Promotion-Firmen wie „Top Rank“ oder das britische Unternehmen „Matchroom“ (Barry und Eddie Hearn) haben Geschäftsmodelle für Streaming-Dienste entwickelt – so übertragen DAZN und ESPN+ auch den Wilder-Fury-Kampf. „Box-Fans zahlen große Summen für attraktive Kämpfe, für Tickets wie für PPV. Das ermöglicht es großen Kämpfen 100 und mehr Millionen Dollar in einer Nacht einzunehmen“, sagt Badenhausen. Ein Ticket in der T-Mobile-Arena in Las Vegas kostet am Samstag ab 180 Euro. So erklärt es sich auch, dass Boxer 30 Millionen Euro und mehr pro Abend verdienen.
Nach dem Kampf von Samstag auf Sonntag darf der Sieger sich um einen weiteren Zahltag gegen den ukrainischen Weltmeister Usyk anstellen – um sich zum König mit der dicksten Brieftasche zu krönen.