Österreichs Skiverband geht in der Klimafrage in die Offensive. Eine entsprechende Task Force soll die Zukunft des Skisports in Österreich neu denken, erklärte ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer. Unbequeme Köpfe wie Felix Neureuther und „Querdenker“ aus anderen Branchen sollen darin genauso zu Wort kommen wie heimische Ex-Skigrößen, Vertreter aus Industrie und Tourismus.

„Es ist uns allen bewusst, dass wir etwas tun müssen. Es muss der Anspruch des ÖSV mit der Skiindustrie und allen Beteiligten in Österreich sein, dass wir beim Thema Nachhaltigkeit Vorreiter sind“, sagte Scherer zur APA. „Wir wollen keine Plattitüden produzieren, sondern konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten. Bis Juni 2024 müssen wir konkrete Lösungen präsentieren.“ Die WM in Saalbach 2025 bringe die notwendige Aufmerksamkeit, „um neue Ideen vorzustellen und zu implementieren“.

Neureuther ist für das Anliegen bereits gewonnen

Den Sölden-Weltcup am kommenden Wochenende sieht Scherer als „Chance, um Personen für unsere Sache zu rekrutieren“. Den bayrischen Ex-Skistar Neureuther, der wie kaum ein anderer im deutschsprachigen Raum mit Systemkritik am Ski- und Alpen-Business auffällt, will Scherer für sein Anliegen bereits gewonnen haben. Das Gespräch sei weniger kontrovers ausgefallen als vielleicht anzunehmen. „Ich habe einige Themen aus unserer Sicht erläutert, aber man muss dem Felix auch in ganz vielen Themen einfach Recht geben“, sagte Scherer. Etwa, dass es „abseits vom Schwarz-Weiß-Denken“ neue Zugänge für Nachwuchsförderung brauche.

Felix Neureuther
Felix Neureuther © IMAGO / Stephan Wallocha

Die Pläne seien „kein Aktionismus“, vielmehr trage er die Idee einer solchen Arbeitsgruppe schon länger mit sich herum, sagte Scherer. „Es hat sich in den letzten Tagen und Wochen mit der intensiven Diskussion um Sölden manifestiert, dass wir die Augen nicht vor notwendigen Veränderungen verschließen dürfen.“ Dem Generalsekretär schwebt „keine Revolution, sondern eine Evolution“ vor. „Es hat 30 Jahre perfekt funktioniert, das ist eine solide Basis, aber wir müssen uns anpassen. Ich glaube, dass die Anpassungsbereitschaft derzeit sehr groß ist, weil jedem bewusst geworden ist, dass wir leidenschaftliche Zukunftsvisionen für den Skisport brauchen.“

Kritik und gute Ratschläge sollen angeommen werden

Nach Jahren der Klimawandel-Betriebsblindheit unter Ex-Präsident Peter Schröcksnadel scheint das Thema im ÖSV angekommen. Scherer, der mit einer geplanten Satzungsänderung 2024 offiziell zum obersten „Leitungsorgan“ im Skiverband aufsteigen dürfte, betonte seinen Willen, den ÖSV als „Role Model beim Thema Nachhaltigkeit“ zu positionieren. „Es hat den Anschein, als stünden sich Klimaschutz und wir diametral gegenüber, aber das ist nicht wahr. Wir können den Klimawandel nicht wegleugnen. Letztendlich ist es auch wichtig, dass wir als Verband nicht dünnhäutig sind und Kritik und gute Ratschläge auch annehmen“, sagte der 38-jährige Osttiroler.

Peter Schröcksnadel reagiert

Schröcksnadel entgegnete, er habe den Klimawandel sehr wohl intensiv verfolgt. „Ich habe mich immer um das Thema gekümmert. Ich wäre dumm, in ein Skigebiet investieren, wenn in 30 Jahren dort kein Skifahren mehr möglich ist“, sagte Schröcksnadel zur APA. Umweltfreundliche Technologie sei ihm ein Anliegen. Schon vor einigen Jahren habe er für seine Skigebiete das Ziel der Energie-Neutralität ausgegeben. In Saas-Fee (Schweiz) liege man schon bei 70 Prozent, und auch in Hinterstoder passiere diesbezüglich einiges.

Der Verband habe das Thema in seiner Amtszeit (1990 - 2021) nicht heruntergespielt, man habe jedoch keine Handhabe für Veränderungen. „Was soll bei dieser Arbeitsgruppe rauskommen außer Worthülsen? Dem Skiverband gehören keine Seilbahnen, man kann höchstens ein Umweltgütesiegel vergeben - aber das ist jetzt meine Idee“, sagte Schröcksnadel. Um den Skisport in Österreich macht sich der 82-Jährige keine Sorgen. „Bei zwei Grad globaler Erwärmung geht die Schneefallgrenze um 200 Meter nach oben, den Skigebieten macht das gar nichts“, behauptete Schröcksnadel.